Travel Reference
In-Depth Information
Die „Perle“ auf dem Öskjuhlið
Der isländische Künstler Jóhannes Kjar-
val hatte die Idee, auf dem über 60 m
hohen Hügel Öskjuhlíð ein Gebäude
entstehen zu lassen, das ausschließlich
der Kunst dienen sollte. Rund sechzig
Jahre später, im Mai 1991, erteilten die
kommunalen Heißwasserwerke „Hita-
veita Reykjavíkur“ dazu den Auftrag an
Ingimundur Sveinsson. Veranschlagt wur-
den für das Gebäude knapp 18 Millio-
nen Euro. Perlan, die „Perle“, wurde in
nur drei Jahren gebaut. Sechs europä-
ische Länder und die USA lieferten ne-
ben Island das Baumaterial und die tech-
nische Ausstattung.
„Sie ist nicht allein Vielzweck-Restau-
rant, Konferenz- und Freizeitkomplex
aus Stahl und reflektierendem Glas -
Perlan ist gleichzeitig ein riesiges Reser-
voir geothermaler Energie, das Reykjavík
und seine Umgebung versorgt.“ So wird
das Bauwerk in einem Werbeprospekt
beschrieben. Dort wird der Warmwas-
serspeicher auch als „technologisch aus-
geklügelter Spielplatz der Bürger von
Reykjavík“ bezeichnet und als „bedeu-
tendes Glied in der Servicekette der
kommunalen Heißwasserversorgung
aus der Tiefe des Bodens bis hin zum
Endverbraucher.“ Über die Hälfte der is-
ländischen Bevölkerung wird vom Ös-
kjuhlið aus mit heißem Wasser versorgt.
Die umweltfreundliche geothermale
Heizmethode wird in Reykjavík schon
seit sechzig Jahren praktiziert. Heißwas-
ser und Heizungsenergie werden aus
vier Geothermalgebieten gewonnen,
55 Mill. m 3 Wasser insgesamt in das Sys-
tem eingespeist. Eines der Geothermal-
gebiete liegt mitten in der Innenstadt, in
der Nähe vom Laugavegur. Dort werden
aus zehn Bohrlöchern 310 Liter Wasser
pro Sekunde gefördert, mit einer durch-
schnittlichen Temperatur von 127 °C. Im
Ellidaá-Tal am anderen Ende der Stadt
werden aus acht weiteren Bohrlöchern
220 Liter Wasser pro Sekunde mit einer
Temperatur von 88 °C gefördert. Außer-
dem gewinnt man heißes Wasser bei
Mosfellssveit, sechsmal so viel wie in der
Innenstadt. Seit 1990 wird auch Heiß-
wasser vom Kraftwerk in Nesjavellir am
Þingvallavatn zum Öskjuhlíð gepumpt.
In Nesjavellir hat das Wasser eine Tem-
peratur von 250 °C. Mit diesem Wasser
und dem entstehenden Dampf wird kal-
tes Wasser aufgeheizt. Das heiße Was-
ser, das auf dem Öskjuhlíð gesammelt
wird, ist zurzeit der Besiedlung Islands
im Gebiet des Langjökull als Regen ge-
fallen. So lange benötigte das Wasser für
seinen Weg durch das Lavagestein.
Gigantische Zahlen sind auch mit
dem Bauwerk verbunden: Läuft das
Werk auf vollen Touren, können 400
MW Heizenergie und 40-80 MW Elek-
trizität erzeugt werden. Die gewonne-
ne Energie wird außerdem noch zu an-
deren Zwecken verkauft. In vier der
sechs Tanks, aus denen die „Perle“ be-
steht, werden 24.000 m³ heißes Wasser
(80 °C) gespeichert. Die beiden ande-
ren Tanks sind für das Wasser vorgese-
hen, das aus dem System zurückfließt.
In der Hauptstadt gibt es drei Speicher-
komplexe. Bei großer Kälte und bei ho-
hem Bedarf in Spitzenzeiten wird auf
das Wasser der „Perle“ zurückgegriffen.
Über den Tanks befindet sich eine
sechseckige Plattform und darüber ei-
ne 14 m hohe, reflektierende gläserne
Kuppel, eingefügt in ein Netzwerk aus
hohlen Stahlträgern. Diese werden im
Winter von heißem, im Sommer von
kühlem Wasser durchströmt. Auch un-
ter dem Parkplatz liegen Heißwasser-
rohre, die ein Vereisen der Fläche ver-
hindern sollen.
Besucher gelangen durch eine elek-
tronisch gesteuerte Drehtür in den voll
klimatisierten Eingangsbereich. Das Ge-
bäude ist 30 m hoch und schließt etwa
Search WWH ::




Custom Search