Travel Reference
In-Depth Information
Erledigen Sie lästige Korrespondenz. Nehmen Sie Ihre Aktenordner mit, und machen Sie endlich
die Ablage, oder bereiten Sie den ganzen Kram für die Steuer vor. Legen Sie dazu am besten die
Rückbank um, und bringen Sie den Beifahrersitz in eine waagerechte Position. Sollten Mitfahrer
bei Ihnen im Auto sein - umso besser. Spannen Sie diese ein, bestimmte Dokumente zu sortieren
oder Formulare auszufüllen. Sorgen Sie mit Beamtenwitzen und einem Piccolo für lockere Stim-
mung.
AuchjenseitsderAutobahnsolltenSiesichimStraßenverkehrsoverhaltenwiedieMasse,damitSie
nicht negativ auffallen:
Parken Sie prinzipiell so, dass Sie geräumig aussteigen können. Faustregel: Circa 10 Zentimeter
über der Markierung, die sowieso nur eine grobe Richtlinie darstellt, an die man sich nicht halten
muss.
Wenn die Ampel immer noch Rot zeigt, sollten Sie alle drei Sekunden acht Zentimeter weit ruckar-
tig anfahren und wieder abbremsen.
Fahrradfahrer können Sie prinzipiell ignorieren. Wer als Verkehrsteilnehmer ernst genommen wer-
den möchte, soll sich halt ein Auto kaufen.
Bahn: »Railrotting« als Selbsterfahrungstrip
Ah, die Bahn. Das Verkehrsmittel, das den Wilden Westen gezähmt hat. Majestätische Dampfloks,
diedurchbeeindruckendeLandschaftengleiten.EntspanntesReisen.AusgeruhtimSchlafwagenauf-
wachen und im Bistro frühstücken, während Wiesen und Wälder am Fenster vorbeiziehen.
Vielleicht war es tatsächlich einmal so gewesen, als Bahnfahren noch ein exklusives Erlebnis war.
Sagen wir - vor 1910. Heutzutage ist Bahnfahren etwas Alltägliches und für viele eine lästige Pf-
licht. Vielleicht nehmen auch Sie sich vor, eine Bahnfahrt zu nutzen, um etwas wegzuarbeiten oder
wenigstens in Ruhe zu lesen. Doch dann kommen Gleisarbeiten, Kegelclubs und defekte Türen. Was
auch immer Sie sich vorgenommen haben während der Fahrt zu tun, es ist hinfällig. Schwächliche
Naturen fangen an, lautstark zu schimpfen und ihre Wut an den Schaffnern und Mitreisenden auszu-
lassen. So dürfen Sie nicht enden. Geben Sie sich lieber einer Entspannungstechnik hin, die derzeit
viel Zulauf erfährt und sicher bald als VHS -Kurs angeboten wird: Railrotting.
Im Prinzip ist Railrotting leicht, aber man braucht viel Übung, um es darin zur Perfektion zu brin-
gen. Railrotting bedeutet: Trotz allem, was zwangsläufig bei einer Bahnreise schiefgeht, dreht man
nicht durch. Man begibt sich in einen meditativen Zustand der Gleichgültigkeit und Ergebenheit und
gelangt schließlich im Moment des Aussteigens auf eine neue Bewusstseinsstufe. Bei Langstrecken-
fahrten geht man an seine Grenzen, und Railrotting ist aus diesem Grund nur denjenigen nahezule-
gen,dieüberdieentsprechendekörperlicheKonstitutionverfügen.ImZweifelsfallsolltenSievorher
einen Arzt konsultieren und besonders bei Herzkrankheiten in der Familie vorsichtig sein. Es heißt,
dassregelmäßigtibetanische MönchenachDeutschlandkommenundsicheinTicketziehen,umihre
Meditationstechniken auf die härteste Probe zu stellen.
Da Railrotting ein exzellenter Weg ist, eine zehrende Bahnreise erträglicher zu machen, sollten Sie
sich ruhig an dieser Methodik versuchen. Aber dabei sollten Sie behutsam anfangen und sich lang-
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