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zu werden, was Stubenhocker genauso verabscheuen, allerdings geringfügig weniger.Das Deprimie-
rende an einer Pilgerreise ist, dass man die ganze Zeit weiß, wie VERDAMMT WEIT der Weg vor
einem noch ist. Pilgerreisende sieht man oft mit riesigen Landkarten am Straßenrand stehen, doch
nicht etwa, weil sie sich verlaufen hätten - die Schilder versichern ihnen immerzu, dass das nicht der
Fall ist -, sondern weil sie anhand des Namens des Kaffs, durch das sie geleitet werden, sehen wol-
len, wie weit sie schon gekommen sind.
Pilgerstrecken sind exzellent ausgebaut. Es gibt regelmäßig Herbergen, die sich über Gäste freuen,
vor allem deswegen, weil die Gäste ohne Auto anreisen und nicht nach Alternativen suchen können.
Außerdem lässt nach einer bestimmten Kilometerzahl die Leistungsfähigkeit nach, sodass der Pilger
oft keine andere Wahl hat, als die Herberge zu wählen, die er mit letzter Kraft erreicht. Außerdem
sind Pilgerstrecken fürchterlich niederschmetternd. Sie führen entweder zu irgendwelchen Gräbern
oder Sterbeplätzen, oder sie folgen dem Weg eines Leichenzugs. Jedes Gothic-Festival verbreitet
mehr gute Laune als das Schlurfen auf einer Pilgerstrecke.
Natürlich ist der Sinn einer Pilgerreise, eine innere Ausgeglichenheit zu finden und über alle mög-
lichenDingenachzudenken,alsoalldas,wasStubenhockerindeneigenenvierWändensowiesotun.
AlsPilgeristmangezwungen,dasGanzeunterwegszuerledigen,was-wennmanehrlichseinwill -
stinklangweilig ist, weil man zwischendurch keinen Kaffee trinken kann. Es liegt also an Ihnen, eine
Pilgerreise zu einem interessanten Erlebnis zu machen, sonst langweilen Sie sich unterwegs zu Tode
(vermutlich wie derjenige, nach dem der Pfad benannt ist), und das funktioniert am besten durch au-
ßergewöhnliche Ziele:
Bestzeitenerreichen!InstallierenSieaufIhremSmartphoneeineSport-AppundaktivierenSie GPS ,
um Ihre Route aufzuzeichnen. Schlendern Sie nicht, sondern MARSCHIEREN Sie. Wenn Sie an-
dere Pilger überholen, sollten Sie trotz Ihres Rucksacks auch etwas rennen. Deuten Sie auf die
langsamen Pilger, und lachen Sie beim Überholen, oder intonieren Sie lauthals die Rocky-Hym-
ne. Montieren Sie hinten an Ihrem Rucksack ein rotes Warnlicht und eine Tröte, die Sie beide auf
Knopfdruck auslösen können. Lassen Sie vor Ihrer Reise ein Nummernschild mit dem Schriftzug
» TURBOPILGER « herstellen, das Sie unten am Rucksack befestigen. Geben Sie abends in der Her-
berge vor den anderen Pilgern mit Ihren Zwischenzeiten, Ihrer Pace und der erwarteten Zielzeit an.
Agenten-Pilgern! Stellen Sie sich vor, Sie wären ein Geheimagent und sollen einen verdächtigen
Pilger beschatten. Laufen Sie immer in Sichtweite hinter ihm, aber nie direkt in seiner Nähe. Wenn
er eine Pause macht, machen auch Sie eine. Wenn er das Tempo anzieht, tun auch Sie das. Über-
nachtenSieimmerindergleichenHerbergewieer.EssenSiezurgleichenZeit-abernieanseinem
Tisch. Tun Sie immer so, als würden Sie sich überhaupt nicht für ihn interessieren, aber pflegen
Sie ein Journal darüber, wie weit er läuft, wo er übernachtet, was er isst, wie er sich verhält. Wenn
er vorsichtig mit Ihnen Kontakt aufnehmen will, geben Sie sich schmallippig und desinteressiert.
WennerSiedarumbittet,seinePrivatsphärezurespektieren,nickenSiefreundlich.Undheftensich
im nächsten Moment wieder an seine Fersen.
Witzetraining! Wenn Sie schon auf eine Pilgerreise gehen, sollten Sie die Chance nutzen, an Ihrer
Sozialkompetenz zu arbeiten. Kaufen Sie ein Witzebuch, und nehmen Sie sich vor, es bis zum En-
de der Pilgerreise auswendig zu können. Testen Sie die Witze unterwegs an anderen Pilgern. Wenn
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