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und »Ciao«. Ungarische Frauen zum Beispiel, die einander zum
ersten Mal begegnen, gehen nach der ersten Vorstellung in kurzer
Zeit zum Du über, idealerweise unterstützt durch ein alkoholisches
Getränk. Wer nicht mit dem klassischen Trinkspruch »Egészégé-
re« (Auf Ihre Gesundheit), sondern mit »Szervusz« anstößt, signa-
lisiert, dass geduzt werden darf - Küssen ist ab diesem Moment
obligatorisch. Diese Regel indet nur ihre Ausnahme bei großen
Altersunterschieden: Junge Frauen sprechen ältere ehrerbietig mit
Tante - »Néni« - und dem Vornamen an. Ausländerinnen hadern
meistens mit der Tatsache, dass sie dabei dezidiert und öffentlich
zur Älteren gemacht werden, auch wenn sie vielleicht mal gerade
vierzig sind. Magyarinnen haben mit der »Néni« kein Problem,
vielleicht, weil viele sich, bedingt durch die Wonnen der ungari-
schen Küche, in diesem Alter auch äußerlich unserer Vorstellung
einer »Tante« annähern, mit Kleidergröße 46 und einer gewissen
Resignation, was das Älterwerden angeht.
Das Heldengeschlecht ist von dem körperlichen Akt der Verbun-
denheit nicht ausgeschlossen, im Gegenteil. Männer küssen nicht
nur Frauen und Kinder, sondern auch einander, wenn auch nicht
auf den Mund, sondern eher Richtung Ohr. »Der Kuss ist ein Ge-
fühlsausdruck«, vermerkt das ungarische Wikipedia steif, »der in
Mitteleuropa auch unter Männern« ausgetauscht werde. In Ungarn
aber, legt der Artikel in strengem Ton nach, gelte dieser Ausdruck
»ausschließlich Verwandten und Freunden, keinesfalls Fremden«.
»Pista«, »Bátyám«, »Maga« und die anderen
Das aber ist graue Theorie, denn in der Praxis werden Männer in
einer Gesellschaft untereinander schnell zum »Freund« und deshalb
zum Objekt der Kussbegierde, auch und gerade Älteren gegenüber.
Analog zur Welt der Frauen wird auch bei Männern die achtungs-
volle Zuneigung in einen Verwandtschaftsgrad umgewandelt, in
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