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endlich mal einer seinen Mund aufmacht und geradeheraus das
sagt, was man sich auch denkt. Gleichzeitig ermöglicht erst der
märchenhafte Reichtum dem gesunden Zuschauer zu lachen, ohne
dass er ein schlechtes Gewissen haben müsste, einen Behinderten
auszulachen. Schließlich kann Philippe sich ein großes Stück sei-
ner Bewegungsfreiheit mit Geld zurückkaufen. Deswegen passen
die beiden auch so gut zusammen, weil sich ihre Einschränkungen
perfekt ergänzen: Der eine hat Bildung, Geschmack, Geld, ist ein
echter versnobter Pariser, und der aus der Banlieue besitzt immer-
hin einen athletischen und gesunden Körper … Ihre Freundschaft
weist weit über Anstandsregeln hinaus.
Da sage niemand mehr, Konversation sei etwas von gestern. Nein,
sie gibt auch unserem Umgang mit anderen Menschen einen Rah-
men. Und wer ihre Grundregeln kennt, zappelt nicht mehr prus-
tend herum, sondern schwimmt wie ein Fisch in französischen
Gewässern … - Sie zu verstehen, heißt auch zu verstehen, dass die
Konversation eines der schönsten Geschenke ist, das Frankreich der
Welt gemacht hat.
Literatur
Norbert Elias: Über den Prozess der Zivilisation. Soziogenetische und
psychogenetische Untersuchungen . Frankfurt/Main 1976
Johann Wolfgang Goethe: Unterhaltungen deutscher Ausgewander-
ten . Stuttgart 1980
Alfred Grosser, zitiert nach: Stefan Ulrich, »Mon Dieu«, Süddeut-
sche Zeitung vom 18. Januar 2013
Jan Mukarovsky: Kapitel aus der Poetik . Frankfurt/Main 1967
Madeleine de Scudéry, zitiert nach: Claudia Schmölders: Die Kunst
des Gesprächs. Texte zur Geschichte der europäischen Konversati-
onstheorie . München 1986
Anne Germaine de Staël: De l'Allemagne . Paris 1935
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