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der Unverbindlichkeit steht ein noch höheres: das der Diskreti-
on. Dies beinhaltet nicht nur, keine indiskreten Fragen zu stellen,
sondern den anderen auch mit nichts zu behelligen, wonach dieser
sich nicht erkundigt hat. Deswegen lässt sich nach einer solchen
Begegnung nicht darauf schließen, ob man sympathisch gefunden
wird oder nicht. Genauso wenig, wie man aus der Freundlichkeit
der Amerikaner gleich ein Freundschaftsangebot herauslesen sollte.
Gespräche folgen ihrer eigenen Sprache, gerade in Frankreich.
Wickert folgert deshalb:
»Es gehört zum guten Ton, in einem Gespräch mit dem richtigen
Gebrauch der Sprache zu glänzen, wie es überhaupt einer guten
Erziehung entspricht, an jedem Gespräch lebhaft teilzunehmen,
wobei nicht der Inhalt, sondern an erster Stelle die Form des Ge-
sagten beurteilt wird.«
Form schlägt Inhalt, und: Auf die Sprache kommt es an. Eine Er-
kenntnis, die fast jeder Frankreich-Besucher an der geringen Be-
reitschaft ablesen kann, mit Einheimischen in einer Fremdsprache
zu kommunizieren. Erst recht nicht in der des Dauerfeindes nörd-
lich des Ärmelkanals. Dahinter steckt nicht (nur) Dünkel, sondern
auch die Sorge, mit der Sprache gleich alle Umgangsformen auf-
zugeben. Aus der mangelnden Privatheit einer echt französischen
Konversation darf niemand schließen, abgelehnt worden zu sein.
Es wäre ein Fehler, sie persönlich nehmen. Man kann sich von ihr
erfrischen lassen, aber sie ersetzt kein Gespräch beim Psychologen.
In ihr werden auch keine Freundschaften begründet. Sie ist pure,
im Idealfall humorvolle Unterhaltung.
Die besten und witzigsten Anekdoten und Wortspiele werden meist
aus einer Unterhaltung geboren. Sie am Schreibtisch zu erinden,
ist ein äußerst mühsames Geschäft. (Das Wort »Bonmot« sollte in
einer Konversation eigentlich nicht mehr verwendet werden, denn
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