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dass sie prinzipiell immer und überall funktionieren muss: Ja, die
Kunst der Konversation verlangt sogar, dass man nach einem Flug-
zeugabsturz oder in anderen Ausnahmesituationen in der Lage ist,
miteinander zu plaudern, als ob nichts wäre. Rund um die Uhr,
ob beim Aufwachen oder Einschlafen, am frühen Morgen, mittags
und am Abend. - Die Anforderungen an Wachheit und Flexibi-
lität sind kaum zu unterschätzen. Schließlich unterscheiden sich
im wahren Leben Unterhaltungen bei Katerstimmung fundamen-
tal von den Höhenlügen der Nacht. Nur im Boulevardtheater
spielt der Zeitpunkt eines Gespräches wirklich keine Rolle für die
Konversation. Nicht selten begegnen sich dort zwei wildfremde
Menschen in einem Bett, mal weil der eine dort versteckt oder gar
mitsamt Bett in den Raum gezaubert wurde. Dann heißt es, auch
unter erschwerten Bedingungen miteinander Konversation zu trei-
ben. Zumal nach wenigen Sätzen garantiert die Tür aufgeht und
jemand hereinkommt, der das Gespräch noch schwieriger macht.
Aber auch in solchen Situationen gilt: Haltung bewahren und char-
mante Dinge sagen!
Dazu gehören natürlich vornehmlich Komplimente. Sie sind Be-
standteil des guten Tons und in Frankreich viel unverbindlicher als
in Deutschland. Deren Verwendung im Berufsleben ist eine delika-
te Angelegenheit, gerade im interkulturellen Dialog. Indischen Ge-
schäftsleuten wird deshalb bei Coachings zum Beispiel beigebracht,
französische Frauen unbedingt mit Komplimenten zu überschütten
und deutschen auf keinen Fall auch nur ein unbedeutendes zu ma-
chen.
In der Konversation zwischen den Geschlechtern kann zumindest
in Frankreich nichts schiefgehen, wenn man beherzigt, was Ma-
deleine de Scudéry fordert: »Die Liebe ist notwendig und braucht
elementare Regeln des Anstands: Alle Männer müssen verliebt sein
und alle Frauen verehrt.« Wer das beherzigt, kann unbefangener
über die Liebe sprechen, ohne gleich zu intim zu werden.
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