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und der Durst der Radfahrer so groß war, dass das Bier auszugehen
drohte. Die Brauerei hatte geschlossen, weshalb eine Biernachbe-
stellung unmöglich war. Also soll der Kugler Franz (in Bayern sagt
man, genau wie in China, zuerst den Nachnamen und dann den
Vornamen) die Radlermaß erfunden haben. Apropos: Es muss na-
türlich »die Maß« heißen. Wer »Bitte bringen Sie mir ein Maß« zur
Bedienung sagt, bekommt bestenfalls einen Meterstab und wird
erbärmlich verdursten.
Der Bayer ist ein gemütlicher Mensch. Deshalb setzt er sich zum
Trinken hin. Sogar auf dem oftmals von schweißtreibenden körper-
lichen Aktivitäten geprägten Oktoberfest wird stehenden Gästen
kein Bier ausgeschenkt. Dies hat den Vorteil, dass man nicht umfal-
len kann, sollte man doch einmal zu viel erwischt haben.
Gute Gesprächsthemen beim gemeinsamen Biergenuss sind laut
Bayernexperte R. W. B. McCormack: Dass man großen Durst hat-
te, hat oder noch entwickeln wird. Ferner hält er fest, dass man an
Karfreitag, Allerseelen und bei persönlichen Trauerfällen dunkles
Bier trinkt. Aus Gründen der Pietät. Jemandem vorzuhalten, er sei
schlimmer »wia a warms Bier«, ist eine schwere Beleidigung.
In Sachen Hygiene eine Hochkultur - Vom Abhol-
zen, Auszuzeln und des Zechers großen Pratzen
Weil es sich bei der bayerischen Kultur um eine Hochkultur han-
delt, ist der Vorgang der Nahrungsaufnahme des Bayern eng ver-
knüpft mit Aspekten der Hygiene. Um dies zu erklären, kehren
wir noch einmal zur Weißwurst zurück. Jörg Maurer antwortete
auf meine Frage, ob es hygienische Dinge gebe, die ein Bayer nicht
verstehen oder tolerieren würde, geradeheraus: »Das unhygienische
Schneiden einer Weißwurst mit dem Messer ist für einen Bayern
ganz und gar unerträglich. So ein Messer ist im Besteckkasten ge-
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