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1526 über den Bajuwaren: »Pleibt gern daheim, raist nit vast auß
in frembde land.« Daran hat sich im letzten halben Jahrtausend
nichts geändert. Übrigens zeigen sich Bayern auch ihrerseits höchst
überrascht, wenn sie außerhalb ihrer Felder und Gauen mit freudi-
gem Blick und Freundlichkeit im Herzen begrüßt werden. Eine im
Landkreis Rosenheim durchaus prominente Ärztin erzählte mir, ihr
sei in einer Bäckerei in Köln kürzlich etwas »total Verrücktes« pas-
siert: Als sie nach einer »Semmel« verlangt habe, so nennt man in
Bayern das Gebäck, welches anderswo »Brötchen«, »Schrippe« oder
»Weckle« heißt (zu weiteren sprachlichen Feinheiten kommen wir
später noch), sei ihr die Verkäuferin beinahe um den Hals gefallen:
Sie sage ja »Semmel« - ob sie denn aus dem schönen Bayern sei?
Nachdem die bayerische Doktorin dies bejaht hatte, erzählte ihr
die Kölnerin begeistert, sie fahre jedes Jahr nach Bayern, es sei dort
paradiesisch. Dem konnte die bayerische Ärztin trotz der ihr aus
katholischer Sicht sachte aufstoßenden Übertreibung zustimmen
- und so schenkte ihr die Verkäuferin den gesamten Frühstücks-
einkauf. Dieses unerhörte Erlebnis kommentierte die Rosenheime-
rin mit der Aussage: »Es ist unglaublich: Wenn mir [sic] bei denen
sind, schenken's uns Semmeln. Wenn die bei uns sind, simma froh,
wenn's wieder fahren.«
Man könnte als Nicht-Bayer nun geneigt sein, einen großen Bo-
gen um dieses Land zu machen, welches Kölner für das Paradies
halten. Tatsächlich gibt es aber nicht nur Niederschmetterndes
bezüglich der bayerischen Gastfreundschaft zu vermelden. Der
emeritierte Münchner Amerikanistik-Professor Gerd Raeithel, der
unter dem Pseudonym des texanischen Ethnolinguisten R. W. B.
McCormack vor vielen Jahren über den süddeutschen Volksstamm
das Standardwerk Tief in Bayern verfasst hat, berichtet auch Tröst-
liches. Bayern habe gelegentlich gute Erfahrungen mit Ausländern
gemacht: Herzog Max etwa habe in den 1830er-Jahren auf dem
Kairoer Sklavenmarkt vier Mohren gekauft und sie mit nach Hause
genommen. »Nachdem sie in der Frauenkirche aus der Hand des
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