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Erst kommt das Urteil, dann das Verhalten. Die ach so vernünfti-
ge menschliche Urteilskraft ist für ihn nichts anderes als Fantasie!
Wer eine schlechte Meinung von den Dingen hat, der könnte auch
eine gute haben, so lautet sein einfaches Credo. Statt das Verhalten
anderer vorschnell abzuqualiizieren oder gar Menschen als solche
abzulehnen, weil diese beispielsweise Tiere essen (sollen), die bei
uns an der Leine geführt werden, oder ihren Kaffee salzen, könnten
wir auch eine gänzlich andere Haltung zu den Dingen einnehmen.
Eine, die uns selbst und anderen das Leben leichter macht. Die
folgende Geschichte über den Einwurf eines französischen Adligen
zum Thema »richtiges Schnäuzen« beweist, dass nichts, aber wirk-
lich nichts zu keiner Zeit eine Selbstverständlichkeit darstellt.
Über die Macht der Gewohnheit: »Ein Französischer vom Adel
schnäuzte sich beständig mit der Faust, eine Gewohnheit, die sich
mit unseren Sitten gar nicht verträgt. Dieser, als er sich eines Ta-
ges darüber gegen mich rechtfertigen wollte, fragte mich, was für
ein Privilegium dieser schmutzige Auswurf hätte, dass wir selbi-
gen ein Stück Leinwand bereithielten, um ihn aufzufangen und
ihn nachher einwickelten und sorgfältig in unseren Taschen auf-
bewahrten.« Eine Frage, die die Menschen nicht nur im 16. Jahr-
hundert beschäftigte, sondern beispielsweise Chinesen, aber auch
Japaner noch heute. So wären sich beide mit dem französischen
Adligen über die Merkwürdigkeit der Gewohnheit einig gewe-
sen, schmutzigen Auswurf in einem »Stück Leinwand« aufzufan-
gen. Die Offenheit jedoch, mit der dieser über ein solches allzu
menschliches Thema spricht, hätte zumindest die Japaner sehr
irritiert. Und im Gegensatz zu den Chinesen, denen man eine
gewisse Freude am Ausspucken attestiert, wäre die vom französi-
schen Hofmann dargebotene Alternative für die hochziehenden
Japaner auch keinen Deut besser: »Das müsste einem Menschen
doch mehr Ekel erregen als anzusehen, dass man ihn hinwürfe,
wo man Platz dafür fände, wie wir es mit allen anderen Unrein-
lichkeiten hielten.«
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