Travel Reference
In-Depth Information
wechselseitig zu versichern, sich unter Kultivierten zu beinden.
Bleibt der Dank oder das Angebot hingegen aus oder wird das
Spiel zu früh abgebrochen, demaskieren wir uns als Wasser trin-
kende Wilde, anstatt als Champagner trinkende Connaisseurs zu
glänzen. So sehr es auch an den Höfen gestunken haben mag,
so sehr sich die Gesprächspartner auch spinnefeind gewesen
sein mögen, formvollendet überboten sie sich in wechselseitigen
Gunstbezeugungen: So hörte sich beispielsweise die heutige, doch
recht schlichte Frage »Störe ich?« unter Hölingen in etwa so an:
»Mein Herr, ich würde euch gerne meine Gesellschaft anbieten,
wenn ich denn nur wissen könnte, ob Sie Euch auch angenehm
sein könnte und nicht etwa in Verlegenheit brächte oder gar Un-
gelegenheit machte.«
Auf dem deutschen Sonderweg - Und die Moral
von der Geschicht'?
Ein solches Maß an Rafinesse ist mit dem deutschen Verlangen
nach Klarheit nicht vereinbar. Und statt zu antworten: »Nichts we-
niger mein Herr, es wäre mir hingegen eine ganz und gar große
Ehre Ihnen, die Sie doch hundertfach mehr sind, als ich es jemals
sein könnte, meine Gesellschaft anzubieten, in der vagen Hoff-
nung, Ihnen keinen Verdruss zu bereiten«, würde die Antwort in
der authentischsten Form wohl lauten: »Quatsch keine Opern und
setz dich hin!« Man sagt, wer die eigene Kultur nicht kennt, der tut
sich schwer mit der fremden. Und daher sollten wir noch ein we-
nig in deutschen Landen verweilen, bevor es uns weiterzieht. Das
Indirekte in der Kommunikation ist nicht das Unsrige. So berich-
tete mir einmal ein Japaner in meiner Wahlheimat Düsseldorf, er
habe seinen Nachbarn hölich darauf hinweisen wollen, dass ihn
die abendlichen Geigenübungen stören würden. Nachdem ich ihn
fragte, wie er das gemacht habe, antwortete er mir, er habe dies
sehr direkt formuliert: »Wie ich hörte, spielen Sie Geige.« Wenn
Search WWH ::




Custom Search