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Glühbirne verloren von der Decke baumelt. Hier rattert eine alte
Waschmaschine den ganzen Tag. Über ihr hängen dicht gedrängt
im engen Raum die Männerhemden, vereinzelt Hosen oder Saris.
Es ist noch schwüler als draußen, es riecht warm und nach Wasch-
mittel. Fünf Rupien kostet es, drei Hemden waschen und bügeln
zu lassen - also etwa sieben Cent.
Fließendes Wasser fehlt im indischen Landleben, weniger als ein
Drittel der ländlichen Bevölkerung hat Wasserzugang auf dem ei-
genen Grundstück, durch eine Pumpe etwa. Sechzig Prozent laufen
zweihundert Meter oder mehr, um ihre Kanister zu füllen. Dass die
Hemden der Männer trotzdem weiß strahlen, die Saris der Frau-
en in grellen Farben leuchten und die Schuluniformen der Kinder
stets sauber sind, das mag dem Reisenden wie ein kleines Wunder
erscheinen. In Wahrheit ist es ein System voller Improvisations-
kunst. Eins, das ohne teure Waschmaschinen oder zuverlässigen
Strom funktioniert, ohne Weichspüler oder warmes Wasser. Statt-
dessen wird es betrieben mit Fleiß, Gelassenheit - und einem in der
indischen Kultur tief verwurzelten Sauberkeitsbedürfnis.
Körperplege: Indiens Reinheitsgebot
Als die Briten im 19. Jahrhundert in Indien ankommen, ekeln sich
die Inder: Ihre Kolonialherrscher waschen sich nicht, Shampoo -
ein Hindi-Wort - lernen die Briten erst hier kennen. Es sind die
Anhänger Shivas und Ganeshs, die ihnen erklären, wie man sich
wäscht. 960 Millionen Hindus leben heute in Indien, sie machen
80 Prozent der Bevölkerung aus. Körperhygiene ist für sie ein Ri-
tual.
Noch vor Sonnenaufgang wäscht sich deswegen der Strenggläu-
bige; wäscht sich die Unreinheit von seinem Körper, die, wie er
glaubt, die Nacht mit sich bringt. »Snanam« heißt die Körper-
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