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rier. Aber so ist das eben. Das Reptilienhirn tut treu und brav,
was die physiologischen Basisbedürfnisse sichert, aber es ist kein
Instrument, das sich besonders gut dafür eignet, mit neuen Situ-
ationen fertig zu werden. Wer Neues wagen will, muss - wie es in
den alten Sagen schön zu lesen ist - »den Drachen besiegen«. Für
den Mut zum Risiko und zum Experiment hat uns die Evoluti-
on erfreulicherweise noch ein eigenes Hirnareal spendiert - der
Neurophysiologe Paul MacLean nennt es »Leopardenhirn«. Klingt
doch schon besser.
Noch etwas: In seinem Buch Die Drachen von Eden identiiziert der
amerikanische Professor Carl Sagan eine Gruppe von Menschen,
bei denen das Dinosauriergehirn besonders stark ausgeprägt ist: die
Beamten. Sie, so Sagan, hielten sich am liebsten an Vorschriften
und seien nur in »geordneten Verhältnissen« zufrieden. Sie wollen
wissen, wem sie etwas befehlen können und wer ihnen etwas befeh-
len kann. Und woran erkennt man Autoritäten am schnellsten? An
einem Rangabzeichen. Das können Titel sein, aber auch Sterne an
der Uniform, ein großes Büro oder ein Dienstwagen.
Der Dienstwagen unserer beiden Dinosauriergehirne war blau
und silber. Ein Mercedes in Kombination mit zwei deutlichen
Rangabzeichen, Mützen und der freundlichen Frage nach Aus-
weis und Papieren. Auf dem Dach blinkte noch das Blaulicht.
Und natürlich wollten die beiden Kollegen wissen, warum ich
seit acht Kilometern nicht mehr von der linken Spur gewichen
war. Normalerweise ist Bewegung im Roadmovie ein wesentli-
cher Teil der Problemlösung. Messerscharf ahnte ich in diesem
Moment aber, dass Bewegung in unserem Fall eher das Problem
gewesen war. Sabines Grinsen bestätigte diese Vermutung. Die
Kinder kicherten leise vor sich hin. Instinktiv beschloss ich, den
beiden Polizisten besser nichts von akut aktivierten Leoparden-
gehirnmodi und dem damit verbundenen Mut zum Risiko zu
erzählen.
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