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Der Reptilienkomplex
Selbst auf die Gefahr hin, dass ich jetzt in einer etwas unroman-
tischen Form die Kurve zum Genre des Roadmovies inde: Die
Freude am Unterwegssein und die Suche nach dem Superurlaubs-
entspannungserholungsglück kann mitunter urplötzlich als ein äu-
ßerst labiles Konstrukt überraschen. Was nützen mutiger Aufbruch,
glänzende Autobahnen und weiter Horizont, wenn der Magen
knurrend zu implodieren droht, weil sich plötzlich ein Wahnsinns-
hunger meldet? Was unsere Familie betrifft, kann ich nur hoffen,
dass in solchen Fällen gerade niemand mit uns im Auto sitzt und
fröhlich plappert, der Weg wäre das Ziel. Ich hoffe das für ihn.
Selbst das wunderbarste Traumauto relativiert sich in so einer
schicksalhaften Extremsituation rasch. Es muss dann eigentlich nur
noch sehr, sehr schnell sein und bis zur nächsten Essstelle kommen.
Ein Navi mit seriösen Hinweisen auf Raststellen ist für Aufgaben
am unteren Ende der Bedürfnispyramide auch nicht so verkehrt.
Unser Navi gab uns diese Hinweise gerne.
Kurz vor Hannover hatten wir nämlich Hunger. Alle. Und wie.
Papa fädelte also konsequent auf die Spur ganz links. Na ja, und
dann ging's ziemlich ab. War ja auch mal alles frei.
Limbisches System und Großhirn, hochentwickelt und im Dop-
pelpack zuständig für alles, was ein Roadmovie-Feeling mit ent-
spanntem Blutzuckerspiegel für den oder die Helden so wunder-
bar macht, werden mitunter von einem Moment zum anderen am
Straßenrand der Evolution aus dem fahrenden Wagen geworfen.
Gas, erklären die Wissenschaftler, gebe dann nur noch das Stamm-
hirn, der älteste und primitivste Teil unseres Gehirns, auch Repti-
lienkomplex genannt. Ein ziemlich kleiner, aber enorm wichtiger
Teil unseres Gehirnsystems, zuständig für das Überleben und die
Urinstinkte. Vererbt haben es uns in direkter Linie die Dinosau-
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