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selbstgezogene Alternative zu Produkten ansonsten unbekannter
Herkunft.
Der Höhepunkt des Auslugs sind die Selbstplückzelte. Wer nicht
gerne lange herumgärtnern, sondern lieber gleich zur Tat schrei-
ten möchte, der kann sich dort das saisonale Gemüse selbst ernten.
Meine neuen Freunde sind kaum zu halten. Begeistert durchschrei-
ten sie die Zelte auf der Suche nach dem schönsten Gewächs, Jubel
begleitet jeden Fund. Es ist eine Wonne, diesem Treiben zuzusehen.
Selbst der Chauffeur betätigt sich und hält mir stolz eine eigen-
mächtig dem Boden entrissene Riesenrübe vor die Kamera. Städter
auf dem Land sind überall gleich.
Aus demselben Stoff
Dieser erste Kontakt mit einer gebildeten, vornehmen chinesi-
schen Gesellschaft bestärkt mich in einer Überzeugung, die ich
in Hongkong entwickelt habe. Damals war mir im Musiktheater
aufgefallen, wie sehr die Motive der Stoffe denen der westlichen
Oper gleichen: Der Held zwischen der Plicht (Vaterland) und
seiner Neigung (verbotene Liebe), die Travestie als Lachnummer,
der Kopf des toten Feindes als Trophäe, die Hoffnungen der guten
und die Machtgelüste der bösen Figuren, Geschwisterzwist und Va-
terliebe. Wie Schablonen konnte man die Themen der westlichen
Klassik eins zu eins über ihr chinesisches Pendant legen.
Haben beide Kulturkreise, so unterschiedlich sie auf den ersten
Blick erscheinen mögen, eine gemeinsame geistige Basis? Strebt
im Prinzip nicht jedes Volk unabhängig voneinander aufgrund
derselben menschlichen Bedürfnisse nach denselben Zielen zum
Wohle seiner Gesellschaft? Und offenbaren Sitten und Gebräuche
nicht einfach »nur« das Ergebnis unterschiedlicher Lösungsansätze?
Womöglich liegen das konfuzianisch und das christlich geprägte
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