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len japanischen Touristen in der Budapester Großen Markthalle
tragen Mundschutz, um eine Erkältung von ihren Mitmenschen
fernzuhalten. Das bunte Treiben rund um die farbenfrohen Stände
mit ihren aufgefädelten Paprika und den zu Türmen gestapelten
Schweinshaxen, die Fettlecken auf den Scheiben der Wurstbuden
und das verdächtig trübe Glas mit Furmint-Wein macht ihnen je-
doch klar, dass die ungarische Auffassung von Hygiene eher darin
besteht, alles zu teilen - und so gemeinsam eine gesunde Abwehr-
kraft zu entwickeln.
Und die Liebe? Im Zeitalter von HIV und Papilloma-Virus haben
sich die ungarischen Teens und Twens einen pragmatischen Um-
gang mit Sexualität angewöhnt. Kann, aber muss nicht. Gut zu
wissen, auch für den fremden Eroberer. In der Zeit des Kommunis-
mus hatte Kinderkriegen Freiheit bedeutet, zum Beispiel eine staat-
liche Wohnung, denn ein Wegziehen von den Eltern wäre sonst
nicht möglich gewesen. Heute sind Kinder wie auch in anderen
europäischen Ländern eine Bremse - auf dem Weg zu einer besse-
ren Ausbildung, einem besseren Leben. Viele junge Ungarn wollen
ins Ausland. Sie suchen nach neuen Chancen in der neuen Freiheit,
aber vielleicht lüchten sie auch vor den Lasten des wirtschaftlichen
und gesellschaftlichen Reformdrucks. Auch die Geschlechterrollen,
in Ungarn, bis eben noch der Tradition verhaftet, verändern sich
in Lichtgeschwindigkeit. Vor allem die jungen Männer sind in der
Krise: Das Husarenmäßige, das selbst die Sowjets überstanden hat
und noch von den Vätern vorgelebt wurde, wirkt seltsam überlüs-
sig in einer Welt, in der Frauen sich selbst immer mehr Türen öff-
nen.
Und doch bleibt das »Kezét csókolom«, der Handkuss, der von klein
auf das Leben begleitet, ein Band durch die Generationen. Denn
er ist mehr als nur ein Gruß, er steht für Haltung und Tradition -
wichtig für ein kleines Volk von rund 10 Millionen Magyaren im
Inland und rund drei Millionen jenseits der Grenze. So ziehen zum
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