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Straßenschilder mahnen die Autofahrer, auf Koalas zu achten. Selbst auf einem
Baum mitten im Stadtpark entdecke ich eines der immer seltener werdenden,
stets schläfrig wirkenden Beuteltiere.
Doch bald soll hier alles anders werden. Der halbstaatliche chinesische Koh-
lekonzern Shenhua will hier in einem Gebiet von fast 200 Quadratkilometern
drei riesige Kohleminen einrichten, komplett mit Kohlewaschanlage und Eisen-
bahnterminal.
Über mehrere Jahre hat das Unternehmen langsam, aber stetig eine Farm
nach der anderen rund um Gunnedah aufgekauft. Es kaufte das Land von Far-
mern, die nach Jahren der Dürre finanziell am Ende waren. Für viele Bauern
war dies die Rettung. Der chinesische Konzern zahlte gut. Einige Bauern erhiel-
ten das Zehnfache des Marktwerts ihrer Farmen.
Durch den allmählichen und stückweisen Aufkauf der Farmen schummelte
sich Shenhua an den strengen Auflagen für Investitionen staatseigener auslän-
discher Unternehmen in Australien vorbei. Die meisten Farmer, die an Shen-
hua verkauften, scheinen mit dem Handel zufrieden zu sein. Genau lässt sich
das nicht feststellen, denn jeder Bauer musste sich beim Verkauf seiner Farm
schriftlich verpflichten, absolutes Stillschweigen zu bewahren. Anonym sagte
mir eine Farmersfrau jedoch, sie hätte nicht verkaufen wollen, sei aber dazu ge-
zwungen gewesen, als sie entdeckte, dass alle Farmen rund um sie herum be-
reits Shenhua gehörten: »Man kann keine Farm mitten in einer Kohlemine be-
treiben.« Ihre Nachbarn erinnern sich noch genau an den Tag, als der australi-
sche Projektmanager des Konzerns mit seinem Allradtruck vor ihrem Haus auf-
tauchte. Der Mann mit dem offenen karierten Hemd und den auf dem Land
üblichen Jeans und Stiefeln wirkte sympathisch. Doch als er merkte, dass die
Familie auf sein Angebot nicht ansprang, packte er die Eltern kurzerhand in
seinen Truck, fuhr bis zum Ende der Einfahrt zu ihrem Farmhaus und zeigte
auf einen Streifen direkt vor dem Tor: »Genau hier wird ein 100 Meter hoher
Abraumwall verlaufen - mehrere Kilometer in beide Richtungen. Es ist Ihnen
überlassen, ob Sie damit leben wollen.« Die Familie verkaufte.
Michael Clift und seine Frau Karen sind in einer ähnlichen Situation. Beide
kommen aus alten Bauernfamilien in der winzigen Ortschaft Breeza mitten in
einer der fruchtbarsten Landschaften Australiens. Sie bauen Weizen und ande-
res Getreide auf ihrer 2000-Hektar-Farm an und sind mit Leib und Seele Far-
mer. Sie haben modernste wassersparende Anbaumethoden eingeführt und in
einem Teil ihres Besitzes ein Naturreservat eingerichtet. Im Garten ihres ge-
mütlichen Farmhauses sitzt ein junger Koala im Baum, dahinter weiden die Po-
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