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Lastwagenfahrerin Kathy Sneddon verdient in Tom Price dreimal so viel wie
in ihrer Heimatstadt Perth. Ihr Lastwagen ist auch etwas größer: Wir klettern
über zwei automatisch ausfahrende Leitern bis zur Fahrerkabine eines Hau-
lingtrucks , eines Kipplasters, höher als ein Mehrfamilienhaus. Allein die Reifen
des Gefährts sind drei Meter hoch. Der Doppeldeckerbus, in dem die Arbeiter
der Tagesschicht angekommen sind, sieht daneben winzig aus. In der Fahrerka-
bine sitzen wir in ergonomischen Ledersesseln über den vibrierenden Motoren,
umgeben von Computerbildschirmen, Kameras und blinkenden Warnsignalen.
Die Klimaanlage kühlt die Kabine auf Eiseskälte - bei Außentemperaturen von
43 Grad. Kathy sieht sich ihren Arbeitsplan und die vorgezeichnete Fahrtroute
im Computer an. Sie wird zu einem Bagger tief im Loch der Mine geschickt.
Die Maschine dröhnt, der Riesenlaster fährt los. Im Schritttempo rollen wir
in die Tiefe. Neben einem grauen Bagger hält Kathy an, setzt sorgfältig in die
vom Computer vorgeschriebene Position zurück, zieht sich Schutzhörer über
die Ohren und entspannt sich. Das röhrende Monster neben uns gräbt mit za-
ckiger Schaufel tief in die Flanke des Bergrestes, schwenkt den langen Arm mit
rot staubendem Geröll herüber zu unserem Laster. Laut krachend landet die
Ladung hinter uns. Aus der Fahrerkabine des Baggers winkt eine kleine Figur
in greller, orange-grüner Schutzkleidung mit Schutzhelm und Rundumsonnen-
brille. Wir warten, bis der Laster beladen ist, dann geht es wieder ganz langsam
die lange Rampe hinauf.
Die Fahrer der Riesenlaster müssen geduldig sein, sich konzentrieren und
extrem sorgfältig arbeiten. Unfälle mit den Fahrzeugen sind lebensgefährlich
und teuer. Große Bergbauunternehmen werben dafür gern Frauen an. »Es ist
keine große körperliche Anstrengung, so einen Truck zu fahren, und ich bin ei-
ne bessere Fahrerin als die meisten meiner männlichen Kollegen«, grinst Ka-
thy. »Männer haben einfach oft nicht die Ausdauer und die Geduld für den
Job.« Dennoch sind zurzeit nur knapp 16 Prozent der Bergbaumitarbeiter Frau-
en. Viele schreckt das raue Image des Minenalltags im abgelegenen Outback .
Allzu lange möchte auch Kathy nicht mehr in der Mine arbeiten. »Nur so lange,
bis wir Ende des Jahres unser Haus in Perth abbezahlt haben.«
Das eigene Haus ist der Traum jedes Australiers. Es bedeutet Unabhängig-
keit in einer Gesellschaft, in der es kaum Mieterschutz gibt, und ist gleichzei-
tig eine Altersvorsorge. In Australien gibt es eine einheitliche Standardrente,
die nur dann ausreicht, wenn man keine Mietkosten hat. Die meisten Australier
zahlen ihr eigenes Haus oder ihre Wohnung über Jahrzehnte harter Arbeit ab.
Kathy und ihr Mann haben das in sechs Jahren »in the mining game« geschafft.
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