Travel Reference
In-Depth Information
ten zu gewinnen war schon eine Herausforderung, da man den Wahlzettel in
der engen Wahlkabine entweder knicken und falten oder aus der Kabine her-
aushängen lassen musste. Dann kam die Suche: Wo ist meine Nummer eins?
Wer ist mein zweitbester Kandidat? Wen will ich auf keinen Fall wählen? Dem
gebe ich dann die Ziffer 115.
Die meisten Wähler gaben nach einer Weile genervt auf. Sie wählten ihre
Lieblingspartei und überließen es den Parteien selbst, ihre Präferenzen zu ver-
teilen. Das erleichtert dann zwar die Qual der Wahl, kann aber zu sehr seltsa-
men Ergebnissen führen, wie zur Wahl des einzigen Vertreters einer »Sport-
partei«, den niemand kannte. Durch die Unwägbarkeiten des Präferenzsystems
wäre er zum eigenen Erstaunen mit weniger als einem Prozent der Stimmen
fast in den australischen Senat gerutscht. Doch die Wahl musste wegen des
Verschwindens mehrerer Wahlurnen ohnehin für ungültig erklärt werden. Die
Wähler in Westaustralien durften sich noch einmal auf Kaffee und Kuchen und
das Nummerieren von Wahlzetteln freuen.
Bei den Parlamentswahlen gewinnt die Partei, von der die meisten Direkt-
kandidaten gewählt werden. Sie stellt den Premierminister und alle Minister,
die vom Generalgouverneur bestätigt werden. Die Generalgouverneurin oder
der Generalgouverneur ist die Vertreterin bzw. der Vertreter der britischen Kö-
nigin, Elisabeth II., die auch heute noch das konstitutionelle Staatsoberhaupt
Australiens ist. Die Königin hat jedoch keine politische Macht. Anders als in den
USA hat es in Australien nie eine Unabhängigkeitserklärung von Großbritanni-
en gegeben. Alle australischen Gesetze basieren auf britischem Recht und briti-
scher Tradition. Australien hat keine eigene Verfassung, die Rechte und Pflich-
ten der Bürger festlegt. Die »Australian Constitution« ist ein eher etwas blut-
leeres Dokument, das hauptsächlich die Zuständigkeiten der Bundesregierung
und der verschiedenen Landesregierungen untereinander regelt.
Das australische Wahlsystem bevorzugt ein klares Zwei-Parteien-System.
Die beiden großen Parteien sind die konservativen Liberals, die sich mit einer
Art Schwesterpartei auf dem Lande, den Nationals, in einer Dauerkoalition be-
finden. Die zweite große Partei ist die sozialdemokratische Labor Party, die
unter anderem von den Gewerkschaften Australiens unterstützt wird. Kleinere
Parteien, wie die Greens, haben große Probleme, in das Parlament gewählt zu
werden. Selbst mit einem Stimmenanteil von 15 Prozent, in einigen Bezirken
gar von 25 Prozent, haben sie kaum Chancen. So sind im Parlament nur ab und
zu vereinzelte Grüne vertreten. Im Senat waren die Grünen jedoch eine Zeitlang
Search WWH ::




Custom Search