Travel Reference
In-Depth Information
Eine beliebte Geschichte aus dieser Zeit erzählt vom Besuch eines britischen
Generals bei den australischen Truppen, denen er endlich einmal Gehorsam
und Disziplin beibringen wollte. Der General pflegte bei seinen Truppeninspek-
tionen ein Monokel im linken Auge zu tragen. Als er die australischen Trup-
pen inspizieren wollte, verschlug es ihm die Sprache: Jeder Einzelne der jungen
Australier ihm gegenüber trug seine runde Identifikationsmarke wie ein Mono-
kel im linken Auge.
Über 330 000 junge Australier sind in den Ersten Weltkrieg gezogen. Fast
60 000 starben. Über 150 000 wurden verwundet, viele litten ihr Leben lang an
den Folgen deutscher Giftgasattacken. Fast alle hatten Probleme, sich wieder in
die vom Krieg fast unberührte Zivilgesellschaft ihrer Heimat einzuleben. In je-
der Stadt und fast an jedem Ort und in vielen Schulen Australiens gibt es Ge-
denktafeln und Kriegsdenkmäler für die Gefallenen. Doch die Feiern am 25.
April waren und sind meistens reine Gedenkfeiern, keine Kriegsverherrlichung.
In vielen Rundfunksendern werden an diesem Tag auch Antikriegslieder ge-
spielt. Doch seit zehn bis 15 Jahren gibt es in einigen Reden auch nationalisti-
sche Töne. Zunehmend beschwören Politiker am ANZAC Day den Mythos des
blonden, sonnenverbrannten, jungen Soldaten nostalgisch als den Typus des
echten Australiers, vielleicht auf der von der Realität überholten Suche nach ei-
ner australischen Identität.
Doch die Mehrheit der Australier lässt sich nicht mehr in den engen ANZAC-
Mythos zwingen. Typische Australier und Australierinnen sind heute schwarz,
weiß, braun und gelb. Sie kommen nicht mehr allein aus angelsächsischen Län-
dern, sondern aus der ganzen Welt. Sie haben Verwandte in Irland ebenso wie
in Russland, Beirut oder Bejing. Sie sind nicht mehr nur Soldaten, Farmer oder
Minenarbeiter, sondern Computerexperten und Managerinnen, Balletttänzer,
Musiker, Designerinnen, Schriftsteller, Ärzte, Professoren, Wissenschaftlerin-
nen, Journalisten und Broker. Ihre kulturelle Vielfalt prägt die junge, opti-
mistische, lebhafte und überwiegend tolerante Gesellschaft Australiens. Doch
die Einwanderer und der »mythische Australier« haben einige Wesenszüge ge-
meinsam: trockenen Humor, Risikobereitschaft, Begeisterungsfähigkeit, Gast-
freundschaft und Kameradschaft, das Streben nach einer fairen, egalitären Ge-
sellschaft und die Liebe zu Sport und Spiel.
Während der Erste Weltkrieg sich hauptsächlich an den fernen Gestaden Eu-
ropas abspielte, suchte der Zweite Weltkrieg auch Australien heim. Die mit den
Deutschen verbündeten Japaner bombardierten Darwin, die Hauptstadt des
Northern Territorys. Auf den pazifischen Inseln kämpften australische Soldaten
Search WWH ::




Custom Search