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verspottete die Kritiker als Black Armband -Historiker, Historiker, die immer
ein schwarzes Trauerarmband trügen. Noch immer tobt in Australien ein His-
torikerstreit, während die Mehrheit der Australier nur wenig weiß oder ratlos
reagiert.
Gestohlene Kinder
Bis 1997 wussten die meisten Australier auch nichts von den »gestohlenen
Kindern«. Der damalige Bericht des ersten indigenen Mitglieds der australi-
schen Menschenrechtskommission, Professor Mick Dodson, schockte die Nati-
on. Dodson hatte festgestellt, dass über die Jahrzehnte fast 100 000 Aborigine-
kinder ihren Eltern weggenommen worden waren. Die Geschichten Hunderter
Zeugen berührten viele Australier zutiefst. Kurz nach der Veröffentlichung war
Professor Dodson unerbittlich. »Jede Mutter, jeder Vater versteht ganz genau,
was es heißt, wenn dir dein Kind weggerissen wird. Das ist uns passiert und hat
unsere Geschichte geprägt. Unsere Kinder wegzunehmen, sie in Heime zu ste-
cken oder an weiße Adoptiveltern zu geben war nur eine weitere Form der Un-
terdrückung unserer Völker. Dies war gezielte Regierungspolitik, von Gesetzen
untermauert, die unsere Kinder in kleine weiße Kinder verwandeln sollte, die
ihnen ihre Kultur, Sprache, ihre ganze Identität nahm. Sie nannten das Assimi-
lierung, in Wirklichkeit war es Völkermord.«
Die Politik der Zwangsadoptionen begann schon in der Frühzeit der bri-
tischen Kolonie in Australien. Unter Gouverneur Lachlan Macquarie (1762 -
1824) nahm man den Aborigines ihre Kinder weg, um sie zum Christentum zu
bekehren und zu »zivilisieren«. In einigen Fällen wollte man »demonstrieren,
dass Aborigines wie andere Leute aufwachsen und lernen konnten, und damit
beweisen, dass sie ganze Menschen waren«, erklärt der Historiker Peter Read in
einem Interview. Während der 1950er und 1960er Jahre behauptete man dann,
man müsse die Kinder ihren Eltern wegnehmen, um sie vor moralischem Ver-
fall und Vernachlässigung zu schützen. »Ich bin sicher, viele Leute haben da-
mals geglaubt, dass sie die Kinder zu ihrem eigenen Wohle von ihren Familien
trennen mussten.« Read glaubt auch, dass man in den 1920er Jahren offiziell
am ehrlichsten argumentiert habe: Man müsse die Kinder der Ureinwohner von
ihren Eltern entfernen, um zu verhindern, dass sie als Aborigines aufwuchsen.
»Die Trennung der Aboriginekinder von ihren Eltern war eindeutig Teil des po-
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