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bin eigentlich Hilfslehrerin an unserer Schule und habe früher nur für mich ge-
malt. Aber heute kann ich damit auch meine große Familie unterstützen.«
In vielen Outback -Siedlungen der Aborigines ist eine wahre Kunstindustrie
entstanden. Sie hilft den Menschen dort, ihre jahrtausendealte Kultur zu erhal-
ten und zu vermitteln, hat ihnen eine Einkommensquelle verschafft und welt-
berühmte Maler wie Emily Kame Kngwarreye (1910 - 1996) und Rover Thomas
Joolama (1926 - 1998) hervorgebracht.
Beide waren schon alt, als sie Pinsel, Acrylfarben und Leinwand kennenlern-
ten, doch die Malerei war schon immer ein Teil ihres traditionellen Lebens.
Emily Kame Kngwarreye lebte in Utopia, einer staubigen und verarmten Sied-
lung 250 Kilometer nordöstlich von Alice Springs. Die kleine alte Dame mit den
dünnen Armen schuf ihre oft riesigen Werke unter freiem Himmel, die unge-
spannte Leinwand auf dem Schoß. Heute kann man ihre Gemälde in Museen
und Galerien auf der ganzen Welt bewundern: kraftvolle, aufwühlende Kom-
positionen, die abstrakt wirken, für Emily aber ihr Universum, ihr Leben, Ver-
gangenheit, Gegenwart und Zukunft, darstellten: »Ich male das alles, meine
Traumzeitgeschichten, mein Land, das alles zusammen male ich«, sagte sie in
einem ihrer wenigen Interviews.
Rover Thomas Joolama schuf seine berühmtesten Werke nach der Zerstö-
rung der Stadt Darwin durch den Wirbelsturm Tracy 1974. Der ehemalige Vieh-
treiber hatte damals eine Vision, in der ihm seine Vorfahren den Auftrag gaben,
die bedrohte Kultur seines Volkes zu retten. Er begann an Zeremonien teilzu-
nehmen, in denen die Verbundenheit der Ureinwohner mit ihren Traditionen
erneuert wurde. Dabei wurden Bilder auf Brettern herumgetragen, die den Wir-
belsturm, die Verwüstungen und die Heiligkeit des Landes und der Landschaft
darstellten. Rover Thomas war einer der Maler. Erst zehn Jahre später begann
er, für ein weiteres Publikum auf Leinwand zu malen. Er benutzte weitgehend
traditionelle Farben: Ockergelb, Braun und Schwarz, die Farben seines Lan-
des in der Wüste Westaustraliens. Seine Bilder sind meist großflächig, elegant
mit starken Linien. »Seine Bilder strömen aus ihm heraus«, erzählte mir sein
Freund und Galerist Peter Harrison. »Da gab es keine Gedanken an Kompositi-
on oder Perspektive, keine Korrektur, kein Vermalen.«
Mit der Ankunft der ersten Kolonialisten kam auch ein europäischer Malstil
nach Australien. Albert Elea Namatjira (1902 - 1959) lernte Wasserfarben
durch die deutschen Lutheraner der Hermannsburger Mission in Zentralaus-
tralien kennen. Er begann sein traditionelles Land im europäischen Stil mit
Wasserfarben zu malen. Doch er brachte seine eigene Sicht, seinen eigenen
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