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Unsere kleine Gruppe taucht tief in das warme Wasser des Indischen Ozeans.
Ich schwebe in einem Lichtschaft Tausender glitzernder Luftperlen - schwe-
relos, fast geblendet von der Reflexion des grellen Sonnenlichts in den feinen
Luftblasen der Sauerstoffgeräte der Taucher unter mir. Weißer Sand schimmert
zwischen beigefarbenen Weichkorallen und Wäldern filigraner roter und rosa-
farbener Korallenbäumchen. Dazwischen ragen riesige hirnartige Gebilde auf.
Ein großer, grüner, karpfenähnlicher Fisch taucht aus dem Schatten des Riffs
auf. Tausende silbern- und goldglänzende Winzlinge schießen zu beiden Seiten
meiner Tauchermaske auseinander, um sich direkt danach wieder in einem
kugelartigen Schwarm zusammenzufinden. Eine Bewegung am Rande meiner
Tauchermaske lässt mich zusammenschrecken. Ich drehe mich zur Seite und
sehe zwei große schwarze Mantarochen unter mir vorbeiziehen - ihre breiten
Flossen weit ausgebreitet wie die Schwingen eines riesigen Vogels.
Heather, die Tauchlehrerin, gibt ein Zeichen: Es ist Zeit, aufzutauchen. An
Bord des Boots schärft uns Besitzer Tony Metcalfe noch einmal die Regeln für
unsere Begegnung mit dem Walhai ein. Nie dürfen mehr als zehn Menschen
versuchen, mit dem Fisch zu schwimmen. Es muss immer ein Walhaiexperte
dabei sein. Der Mindestabstand zum Körper des Hais beträgt drei Meter, zur
Schwanzflosse vier Meter. Wer absichtlich näher an das Tier heranschwimmt
oder es gar anzufassen versucht, wird sofort ins Boot verbannt. Wer mit dem
Hai schwimmen will, darf nur einen Schnorchel benutzen. Die Luftblasen von
Tauchgeräten stören die Tiere. Vor allem, so Tony, sollen wir ruhig und beson-
nen bleiben und uns die individuellen Markierungen des Walhais merken, die
die Meeresbiologen zur Identifizierung brauchen.
Schon kommt der Alarm vom kleinen Suchflugzeug über uns. Ein Walhai
ganz in der Nähe, circa 12 Meter lang. Wissenschaftler und Touristen suchen
wild durcheinander redend und fuchtelnd ihre Tauchausrüstung zusammen,
streifen Flossen über, reinigen noch einmal die Gesichtsmasken, schütteln die
Schnorchel aus. Dann geht es los. Schubsend und stolpernd stürzen wir uns
vom Tauchbrett ins tiefe warme Wasser. Plötzlich ist alles still, ich höre nur den
eigenen Atem. Von meinen Mittauchern ist nichts mehr zu sehen. Millionen
kleiner Planktonteilchen trüben die Sicht. Dann erscheint ein riesiger Schatten
aus der dunkelgrünen Unendlichkeit, ein meterbreites Maul, leicht geöffnet,
zwei Doppelstreifen gegen den braunen, mit hellen Punkten übersäten, flachen
Kopf des Walhais. Deutlich sieht man die kleinen Augen an den Seiten, die ge-
waltigen, arbeitenden Kiemen. Langsam gleitet der Riese an mir vorbei. Die
Sonne malt schillernde Lichtkringel auf den mit Punkten und Streifen gezeich-
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