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Territory mit bis zu drei vollgeladenen, hohen, schlenkernden Anhängern durch
die Gegend rasen. Road Trains haben einen kilometerlangen Bremsweg. Man
weicht ihnen daher aus, wenn sie einem entgegenkommen, oder fährt bei
nächster Gelegenheit an den Straßenrand, wenn sie laut hupend von hinten
heranrasen. Road Train -Fahrer sind oft tagelang unterwegs, daher manchmal
müde, gereizt und unkonzentriert. Es hat nicht viel Sinn, auf Vorfahrt oder Ge-
schwindigkeitsbeschränkungen zu bestehen, wenn man damit einen Unfall pro-
vozieren könnte. Ein Allradfahrzeug braucht man auf dieser Strecke nur, wenn
man Abstecher in die Nationalparks oder kleine Orte der Umgebung machen
will.
Doch die Abstecher lohnen sich. Schon 35 Kilometer außerhalb von Darwin
kann man in Howard Springs echtes Australien erleben. In dem kleinen Ort
werden Unterkünfte für Tausende Arbeiter in den Minen und Gasfeldern der
Umgebung hochgezogen. Das einzige örtliche »Hotel« (Vorsicht: Auf dem Lan-
de ist das oft eine Kneipe, die nicht unbedingt Unterkunft bietet) scheint einem
»Mad-Max«-Filmset entsprungen zu sein: Das quadratische, von einer Veranda
umzogene Holzgebäude ist mit Wellblech gedeckt. Als ich mich dort mit einem
Kamerateam hin verirrte, weil es in Darwin mal wieder keine Hotelzimmer gab,
dröhnte laute Musik in die tropische Nacht. Männer in Arbeitsstiefeln, dun-
kelblauen Overalls, knallgrünen Schutzwesten und Helmen drängten sich um
die Bar, wo sie riesige Steaks und eiskaltes Bier bestellten. Ein Bauzug hatte es
sich an zwei langen Tischen bequem gemacht. Die laut lachenden, brüllenden
Männer in Shorts und Stiefeln schienen aus der ganzen Welt zu stammen. An
einem Nebentisch saß eine schüchterne Aboriginefamilie, die einen Riesentel-
ler Chips and Sauce , Pommes Frites mit Fleischsauce, vor sich aufgebaut hatte.
Den Tisch auf der anderen Seite hatte offensichtlich der örtliche Damenclub be-
setzt. Mit missbilligenden Blicken auf Miners und Bauarbeiter nippten sie dau-
ergewellt an eiskaltem Wein und Brathühnchen. Ein paar Locals in Shorts, T-
Shirts und Badelatschen machten eine Gruppe junger Frauen in schicken engen
Glitzerkleidchen an. Dazwischen drängten sich mehrere Familien mit Kleinkin-
dern. Einige quengelten, andere waren schon am Tisch eingeschlafen. Ein älte-
rer Herr im Tropenanzug wurde mit lautem Hallo begrüßt. Es war der örtliche
Pfarrer. Dann stellte sich heraus, warum er und seine Gemeinde so zahlreich
erschienen waren: Es war Bingo-Night, und der Erlös des simplen Glücksspiels
sollte einem guten Zweck dienen. Bald rief der Spielleiter die ersten Nummern
auf. Das Getöse wurde Gemurmel. Konzentriert drehten Miner, Bauarbeiter,
Damen, Kleinkinder und Pfarrer Karten mit Nummern um. »Bingo«, schrie ab
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