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Flüchtlinge nach Australien kamen. Die Mutter einer Schulkameradin meiner
Tochter war als junges Mädchen mit ihrer Familie aus Südvietnam geflohen. Als
ich sie fragte, was sie von der jüngsten Asylpolitik der australischen Parteien
hielt, sagte sie mit großer Bestimmtheit: »Da stehe ich voll dahinter. Meine Fa-
milie musste jahrelang in Flüchtlingslagern warten, bis wir alle nach Australien
durften. Die Leute, die mit den Booten kommen, drängen sich nur vor. Und au-
ßerdem: Wir waren echte Flüchtlinge. Wir wurden verfolgt. Diese Leute wollen
hier doch nur ein besseres Leben.« Asylbewerber, die über das humanitäre Pro-
gramm Australiens in Flüchtlingslagern ausgesucht und in das Land gebracht
werden, begrüßt sie dagegen gern - wie eine große Mehrheit aller Australier.
Auch neue Immigranten, die über das Punktesystem nach Australien kommen,
werden in der Regel mit Toleranz und gutem Willen aufgenommen. Warum al-
so der Antagonismus gegenüber den Bootsflüchtlingen? Der australische Autor
David Marr hat für sich nach Jahren der Recherche eine Antwort gefunden. »In
Australien existiert immer noch ein latenter Rassismus und die Angst vor den
Horden aus dem Norden.« Vielleicht gibt es jedoch auch noch eine andere Ant-
wort. Vielleicht brauchen die multikulturellen Australier ein Feindbild, das sie
vereint und gemeinsam abgrenzt »gegen den Rest der Welt«. Vielleicht erlaubt
ihnen die gemeinsame Ablehnung der »Illegalen«, jedes Jahr fast 200 000 le-
gale Einwanderer in ihrem Land willkommen zu heißen.
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