Travel Reference
In-Depth Information
australische Teenager in Basketballkluft besprechen mit ihrem Trainer ihr
nächstes Spiel. In der kleinen Küche daneben kochen sich ein paar alte Damen
eine Tasse Tee. Sie sprechen ein seltsames holländisch-englisches Gemisch.
Sue Vogels, die leicht gehetzte Leiterin des Zentrums, rast mit einem Tablett
voller Sandwiches ins Konferenzzimmer, wo einer der vielen Freiwilligen des
Zentrums frisch angekommene Flüchtlinge aus dem Sudan, Pakistan, dem Irak
und dem Iran willkommen heißt. Im Zentrum lernen sie Englisch und erhalten
einen Einblick in die Lebensweise und auch in den oft sehr hintergründigen Hu-
mor »der Australier«. Man hilft ihnen mit der Bürokratie oder der in Sydney
sehr schwierigen Wohnungssuche. Freiwillige gehen mit den Neuankömmlin-
gen einkaufen, fahren mit ihnen in Bus und Bahn, laden sie zu Festen ein. Ande-
re helfen ihnen, die richtigen Ansprechpartner für die vielen körperlichen und
seelischen Verletzungen zu finden, die viele von ihnen erlitten haben. »Leider
gibt es für diese Dinge immer weniger Geld«, seufzt Sue Vogels.
Eine junge Frau, die mit dem Boot nach Australien gekommen ist, bedankt
sich überschwänglich bei den Australiern im Raum. Die 21-jährige Mona, wie
sie sich nennt, ist eine ethnische Hazara aus Afghanistan. Sie musste mit ihrer
Familie vor den Taliban nach Pakistan fliehen. Nach einigen Monaten wurden
die Menschen auch dort von radikalen Taliban verfolgt. Die junge Frau wurde
schwer verletzt. Eine tiefe Narbe zerteilt ihr hübsches Gesicht. Ihr ältester Bru-
der starb. Auf der Flucht vor den Taliban wurde die Familie getrennt. Mona
und ihre Mutter landeten in Indonesien. Ein Verwandter kaufte ihnen die Pas-
sage mit dem Boot nach Australien. »Die Überfahrt war schrecklich. Es gab
einen Sturm, fast wäre unser Boot untergegangen, es war völlig überfüllt.« Ihr
Boot wurde aufgefischt, und sie landeten in Christmas Island. Sechs Monate
verbrachten sie dort im Detention Centre »Es war sehr gut. Wir hatten genug
zu essen, und ich bekam saubere Kleider. Wir lernten Englisch, und alle haben
uns mit Respekt behandelt. Ganz anders als in Pakistan. Hier bin ich als Frau
genauso viel wert wie ein Mann«, sagt sie begeistert. Sie arbeitet in einem Su-
permarkt. In Zukunft möchte sie ihren jüngeren Bruder aus Pakistan nachho-
len und Sozialarbeiterin werden, »um anderen Flüchtlingen zu helfen«. Mona
und ihre Mutter hatten Glück in ihrem Unglück. Sie waren in einer Zeit nach
Australien gekommen, als Bootsflüchtlinge nach einer mehrmonatigen Unter-
suchungsphase eine Chance hatten, als anerkannte Verfolgte in Australien Auf-
nahme zu finden. Heute ist das nicht mehr so.
2013 kam die konservative Regierung Tony Abbotts mit dem Versprechen
»We will stop the boats« an die Macht. »Wir stoppen die Boote« mag vielleicht
Search WWH ::




Custom Search