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Die Johanniter bis heute
Als der Johanniterorden in seiner Blüte
stand, hatte er zahlreiche Abteilungen und
Ordenszweige auf dem europäischen Fest-
land. Nach dem Ende des Ordens auf Mal-
ta wurden die meisten Güter der Kirche zu-
geführt, in Frankreich schon 1789 (Revolu-
tion) zwangsweise eingezogen. Die Güter
konnten zwar konfisziert werden, die Men-
schen aber blieben. Was wurde aus ihnen?
Am 18. Juni 1798, sechs Tage nach der
Unterzeichnung der Kapitulation, wurde
der „Militärorden des Spitals des Hl. Jo-
hannes des Täufers zu Malta, vormals Je-
rusalem, vormals Rhodos“ (und nun auch
vormals Malta) der Insel verwiesen, 35
französische Ritter schlossen sich Napoleon
an. Von Hompesch und sein kleiner Tross se-
gelten nach Norden, wieder war der Orden
heimatlos. Der gebrochene Hompesch zog
mit einem Teil der Ritter nach Österreich,
ein anderer Teil nach Sizilien, der Rest nach
Russland.
Zar Paul I. war seit langem ein Bewun-
derer der Johanniter, er unterstützte den
Orden seit Jahren mit hohen Geldsummen
als „Ordensprotektor“ und nahm die An-
kömmlinge bereitwillig auf, die ihn dafür im
Dezember 1798 zum (vom Papst nicht an-
erkannten) Großmeister ernannten und von
Hompesch in Abwesenheit absetzten. Von
Hompesch, übrigens einziger deutscher
und letzter Großmeister von Malta, starb
verarmt und verachtet im Jahre 1805 in
Montpellier.
Nach dem Tod Pauls I. (1801) und als
der Orden nach dem Rückzug der Franzo-
sen (1802) Malta nicht zurückerhielt, verlo-
ren die Russen das Interesse an den Rittern,
die verbliebenen Ordensmitglieder sam-
melten sich in Catania (Sizilien), wo 1803
Giovanni Tommasi vom Papst offiziell zum
Großmeister ernannt wurde.
Nach dessen Tod (1805) blieb der Posten
lange unbesetzt, der Ordenssitz schließlich
wurde 1834 nach Rom verlegt. Dort resi-
diert seither - in direkter Tradition des
1099 gegründeten Ordens - der katholi-
sche Souveräne Malteser-Ritterorden;
seit 1879 ist das Amt des Großmeisters
wieder besetzt. Seit 1798 ist der Orden
zwar staatsrechtlich nach wie vor ein Staat,
aber ohne Staatsgebiet, er unterhält diplo-
matische Beziehungen zu 38 Staaten, u.a.
Deutschland und Malta. Hauptaufgabe ist
seit 1834 die Kranken- und Sozialpflege in
Europa und Entwicklungsländern. Gleich-
zeitig bildet der Orden eine Art Dachver-
band für die Malteser-Hilfsdienste in ganz
Europa.
Aus der deutschen Zunge und dem
Großpriorat Deutschland (1806 aufge-
löst) entstanden über Zwischenschritte der
Malteser Hospital Dienst Austria (MH-
DA, 1957) und der Malteser Hilfsdienst
(MHD, 1953), beide (katholische) Dienste
beschäftigen sich mit karitativen Aufgaben.
Eine Sonderstellung nahm die (evange-
lische, 1811 aufgelöste) Balley Branden-
burg ein. 1852 organisierten die Protestan-
ten den Johanniter-Orden, deren direkter
Nachfolger die Johanniter-Unfallhilfe
(1952) wurde.
Die englische Zunge, von Heinrich VIII.
1540 schon einmal und 1808 erneut aufge-
löst, organisierte sich 1831 neu. Aus ihr
ging die St. John Ambulance Association
hervor, deren Hospitäler („St. John's“) in
den ehemaligen Kolonien und Ländern des
Commonwealth weit verbreitet sind.
Die protestantischen Johanniter wie
auch ihre englischen Pendants sind eigen-
ständige Organisationen und nicht mit
dem katholischen Malteser-Ritter-Orden
(Rom) assoziiert.
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