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sie hatten insbesondere die europäischen
Staaten von ihrer Existenzberechtigung als
Vorposten gegen die Türken überzeugt. Un-
terstützungsgelder zum Aufbau der nach de
la Valette benannten neuen Hauptstadt Val-
letta wurden bereitwillig zur Verfügung ge-
stellt, überall in Europa wurden die Retter des
Abendlandes gefeiert.
De la Valette starb 1568 im Alter von 74
Jahren und wurde in „seiner“ neuen Haupt-
stadt begraben. Seine Nachfolger sicherten
Malta in einer großen Seeschlacht bei Lepan-
to (1571) und konnten sich nunmehr inneren
Angelegenheiten zuwenden. Die Ordenskir-
che St. John's Co-Cathedral, die Herbergen
der Zungen (Auberges), das Ordensspital so-
wie der Großmeisterpalast entstanden in
dieser Phase.
1574 wurde die gefürchtete Inquisition
auch in Malta eingeführt, sie residierte im In-
quisitorenpalast von Vittoriosa („die Siegrei-
che“), wie Birgu jetzt hieß.
Das 17. Jh. war von einer ungekannten kul-
turellen Blüte geprägt. Der reichste Orden
der Welt übte sich in Selbstdarstellung, und
jeder Großmeister versuchte, mit großartigen
Bauwerken den Vorgänger zu übertreffen.
Die militärische Komponente für den Fall ei-
ner stets zu erwartenden weiteren Offensive
wurde jedoch nie ganz vernachlässigt, im
Gegenteil: Alof de Wignacourt (1601-22) ließ
den Aquädukt und viele der Wachttürme
rund um die Inseln bauen, seine Nachfolger
Lascaris Castellar und de Redin zeichneten
für zahlreiche Speicher und Werften verant-
wortlich, und Nicola Cotoner ließ ab 1670 die
„Cottonera-Lines“, einen knapp fünf Kilome-
ter langen Verteidigungswall um Cospicua,
Senglea und Vittoriosa bauen.
Die Gelder kamen hauptsächlich aus den
ordenseigenen Ländereien in Europa sowie
den zunehmend bedeutsameren Kaperfahr-
ten des Ordens (genannt Corso, daher Kor-
sar) gegen nordafrikanische Piraten und Tür-
ken, die Seide, Gold, Edelsteine und Sklaven
im Überfluss nach Malta brachten.
Der allmählich entstehende Luxus führte
zu einer zunehmenden Zügellosigkeit und
dem Verfall der Ordenssitten im 18. Jh. Die
alten Seefahrernationen wie Spanien oder
Portugal, die für ihre Interessen im Mittel-
meer den Orden großzügig finanziert hatten,
mussten neuen Seenationen wie Holland
oder England weichen. Diese Länder bauten
auf ihre eigene Kraft und schenkten dem ka-
tholischen Ordensstaat kaum Beachtung. In
diese Phase fiel die Regentschaft des Groß-
meisters Manoel Pinto de Fonseca, der von
1741 bis 1773 amtierte und somit der am
längsten an der Spitze des Ordens stehende
Großmeister war. Er regierte wie ein absolu-
tistischer Monarch, ohne Minister und ohne
den Rat zu befragen. Sein autokratischer Stil
bei gleichzeitig fehlender außenpolitischer
Aufgabe führte zum endgültigen Sittenverfall
des Ordens. Stellvertretend hierfür steht die
Aussage eines Sekretärs von Pinto, der 90-
jährige Greis sei 1773 in den Armen seiner
Geliebten verschieden. Seine sonstigen „Leis-
tungen“ waren die Verbannung der Jesuiten
von Malta (1769) sowie die Niederschlagung
einer Sklavenrebellion (1749).
Die zunehmende Geldnot veranlasste sei-
nen Nachfolger Ximenes (1773-1775) zur Be-
steuerung des Grundnahrungsmittels Brot,
woraufhin es 1775 zum sogenannten Pries-
teraufstand kam, der aber von den Johan-
nitern niedergeschlagen werden konnte.
Während der langen Regierungszeit von
Emmanuel de Rohan (1775-97) wurden zahl-
reiche Reformen eingeleitet, um den Or-
densstaat wieder in den Griff zu bekommen.
So entstanden öffentliche Schulen oder der
„Code Rohan“, ein an das späte 18 Jh. ange-
passter Ordenskodex.
Allerdings beging er auch einen entschei-
denden Fehler: 1789, während der französi-
schen Revolution, stellte er König Ludwig XVI
rund eine halbe Million Franc für die Flucht
zur Verfügung - eine Tatsache, die seinem
Nachfolger, dem deutschen Großmeister Fer-
dinand von Hompesch (1797-98) bitter auf-
stoßen und das Ende der Johanniter auf Mal-
ta bedeuten sollte.
Napoleon auf Malta - Götter-
dämmerung (1798-1800)
Auch der antiquierte Ritterstaat auf Malta
wurde von den Folgen der französischen
Revolution von 1789 nicht verschont. Moral
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