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auf die Verwendung (künstlicher) neuronaler Netze in dem Teilbereich der Informa-
tik, der üblicherweise „künstliche Intelligenz“ genannt wird.
Während die Gründe für das Interesse von Biologen an (künstlichen) neurona-
len Netzen offensichtlich sind, bedarf es vielleicht einer besonderen Rechtfertigung,
warum man sich in der künstlichen Intelligenz mit neuronalen Netzen beschäftigt.
Denn das Paradigma der klassischen künstlichen Intelligenz (manchmal auch etwas
abwertend GOFAI — “good old-fashioned artificial intelligence” — genannt) beruht
auf einer sehr starken Hypothese darüber, wie Maschinen intelligentes Verhalten bei-
gebracht werden kann. Diese Hypothese besagt, dass die wesentliche Voraussetzung
für intelligentes Verhalten die Fähigkeit ist, Symbole und Symbolstrukturen mani-
pulieren zu können, die durch physikalische Strukturen realisiert sind. Unter einem
Symbol wird dabei ein Zeichen verstanden, das sich auf ein Objekt oder einen Sach-
verhalt bezieht. Diese Beziehung wird operational interpretiert: Das System kann
das bezeichnete Objekt bzw. den bezeichneten Sachverhalt wahrnehmen und/oder
manipulieren. Erstmals explizit formuliert wurde diese Hypothese von Newell u. Si-
mon [1976]:
Hypothese über physikalische Symbolsysteme :
Ein physikalisches Symbolsystem (physical-symbol system) hat die not-
wendigen und hinreichenden Voraussetzungen für allgemeines intelli-
gentes Verhalten.
In der Tat hat sich die klassische künstliche Intelligenz — ausgehend von der obi-
gen Hypothese — auf symbolische Wissensrepräsentationsformen, speziell auf die
Aussagen- und Prädikatenlogik, konzentriert. (Künstliche) neuronale Netze sind da-
gegen keine physikalischen Symbolsysteme, da sie keine Symbole ,sondernvielele-
mentarere Signale verarbeiten, die (einzeln) meist keine Bedeutung haben. (Künst-
liche) neuronale Netze werden daher oft auch „subsymbolisch“ genannt. Wenn nun
aber die Fähigkeit, Symbole zu verarbeiten, notwendig ist, um intelligentes Verhal-
ten hervorzubringen, dann braucht man sich offenbar in der künstlichen Intelligenz
nicht mit (künstlichen) neuronalen Netzen zu beschäftigen.
Nun kann zwar die klassische künstliche Intelligenz beachtliche Erfolge vorwei-
sen: Computer können heute viele Arten von Denksportaufgaben lösen und Spiele
wie z. B. Schach oder Reversi auf sehr hohem Niveau spielen. Doch sind die Leistun-
gen von Computern bei der Nachbildung von Sinneswahrnehmungen (Sehen, Hö-
ren etc.) sehr schlecht im Vergleich zumMenschen — jedenfalls dann, wenn symboli-
sche Repräsentationen verwendet werden: Computer sind hier meist zu langsam, zu
unflexibel und zu wenig fehlertolerant. Vermutlich besteht das Problem darin, dass
symbolische Darstellungen für das Erkennen von Mustern — eine wesentliche Auf-
gabe der Wahrnehmung — nicht geeignet sind, da es auf dieser Verarbeitungsebene
noch keine angemessenen Symbole gibt. Vielmehr müssen „rohe“ (Mess-)Daten zu-
nächst strukturiert und zusammengefasst werden, ehe symbolische Verfahren über-
haupt sinnvoll eingesetzt werden können. Es liegt daher nahe, sich die Mechanis-
men subsymbolischer Informationsverarbeitung in natürlichen intelligenten Syste-
men, also Tieren und Menschen, genauer anzusehen und gegebenenfalls zur Nach-
bildung intelligenten Verhaltens auszunutzen.
Weitere Argumente für das Studium neuronaler Netze ergeben sich aus den fol-
genden Beobachtungen:
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