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Pakt mit dem Feind
Erinnern wir uns an die Bundesrepublik der 1970er-Jahre: Während
Bundeskanzler Willy Brandt sich um Entspannungspolitik bemühte,
wurde die SPD von Opposition und konservativer Presse der
»Finnlandisierung« Deutschlands gescholten.
Finnlandisierung - besonders der
CSU-Politiker Franz-Josef Strauß
liebte den von ihm demagogisch
besetzten Kampfbegriff aus der
Mottenkiste des Kalten Krieges,
obwohl vielen schon damals nicht
ganz klar war, was damit denn ei-
gentlich gemeint sei. Das abgele-
gene Land im Norden - war es
denn nicht ein demokratischer,
marktwirtschaftlich und westlich
ausgerichteter Staat, wenngleich
auch politisch neutral? Und waren
das Österreich oder Schweden
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Staatspräsident Urho Kekkonen
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Wort von der »Finnlandisierung«
als Kompliment für seine erfolgrei-
che Balancepolitik zwischen West
und Ost. Um den Begriff zu klären,
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sche Geschichte: Das Land hatte im
Winterkrieg 1939/1940 einen sow-
jetischen Angriff erfolgreich abge-
wehrt und kam im Friedensvertrag
1940 mit erträglichen Gebietsab-
tretungen davon. 1941 bis 1944 be-
teiligte sich Finnland am deutschen
Angriff auf die Sowjetunion, be-
zeichnete sich selbst aber nicht als
Verbündeter, sondern als »gleich-
zeitig kriegsführender Staat«. Es
ging Marschall Mannerheim dabei
vorrangig um eigene Interessen:
die Rückgewinnung der 1940 ver-
lorenen Gebiete. Im September
1944 verließ Finnland das sinkende
Schiff der Achsenmächte. Im Frie-
densvertrag von 1947 musste es
endgültig die Gebietsverluste von
1940 anerkennen und wurde zu
hohen Reparationszahlungen an
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Pakt mit der UdSSR
Ein Freundschafts- und Beistands-
vertrag, der 1948 mit dem großen
Nachbarn geschlossen wurde, ließ
im Westen zum ersten Mal den Be-
griff »Finnlandisierung« aufkom-
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keine fremden Truppen ins Land zu
lassen und keiner Allianz beizutre-
ten, die gegen die Sowjetunion ge-
richtet sein könnte. Während man
sich im übrigen Europa auf die
Konfrontation der Supermächte
und auf feindliches Blockdenken
einstellte, schien sich Finnland -
obwohl eigentlich eine westliche
Nation - von Moskau eine Neutra-
lität diktieren zu lassen. Das erreg-
te Widerwillen in vielen westlichen
Hauptstädten. Doch die Finnen
hatten keine Wahl: Das Schicksal
der osteuropäischen Staaten bot
ein überaus warnendes Beispiel da-
für, wie die Sowjetunion mit Län-
dern innerhalb ihres Machtberei-
ches umspringen konnte; die
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nischen, angeblich putschbereiten
Kommunisten und die lange, ver-
letzliche Landgrenze zur Sowjet-
union taten ein übriges, um die Re-
 
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