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angekratztes Nervenkostümistdaseindeutigzuviel.Ichbinwütend,nehmeihmdenRuck-
sack mit meinem Wasser weg und fahre ihn verbal an. Mache ihm klar, was ich von unser-
em Ausflug durch den Vulkantrichter und seinem Alleingang halte. Mache ihm klar, dass
ich nach über elf Stunden nicht mehr kann und auch nicht mehr will. Anschließend ist es
für zwei Minuten totenstill. Es ist weit und breit nichts zu hören oder zu sehen. Nur drei
Männer,dieaufSteinenineinerFelswandsitzenundsichanschweigen. NurSanchoPanza,
mein in Ungnade gefallener Guide Gasper, ich und die sengende afrikanische Wintersonne,
die völlig unbeeindruckt von diesem Spektakel über uns thront.
Estatrichtiggut,dassichmirverbalLuftgemachthabe.Estatgut,ordentlichDampfabzu-
lassen. Aber vor allem bin ich jetzt froh, endlich mein Wasser zurückzuhaben. So froh und
glücklich wie ein Verdurstender, der nach Tagen in der Atacamawüste zu guter Letzt doch
noch ein Wasserloch gefunden hat. Hastig sauge ich an dem Schlauch der Trinkblase, bis
der gröbste Durst gestillt ist. Ich gebe Gasper den Rucksack zurück mit der eindringlichen
Aufforderung, mir nicht mehr auch nur einen Meter von der Pelle zu weichen und klettere
wie in Zeitlupe weiter über einige große Felsen herab. Jede Art von Gespräch hatte sich
damit auch erübrigt. Schweigend schleppe ich mich weiter vom Berg, während Gasper von
nun an immer direkt an meiner Seite bleibt.
Nach vielen Minuten mit unzähligen, unfreiwilligen Stopps und in völliger Monotonie, ge-
ht es noch einmal bergauf. Vor uns türmt sich inmitten eines kleinen Tals ein Hügel auf,
der mich in meinem erschöpften, vielleicht auch schon leicht fantasierenden Zustand ir-
gendwie an den Panzer einer riesigen Schildkröte erinnert. Ein staubiger Panzer, auf dessen
Rücken sich ein schmaler Weg hinauf schlängelt, bis er wieder weiter hinten, außer Sicht-
weite, ins Ungewisse verschwindet. Meter um Meter erklimme ich den Schildkrötenpan-
zer, während vereinzelt weitere Bergsteiger schnaufend an mir vorbeiziehen. Kurz vor dem
höchsten Punkt des Hügels passiere ich eine Vierergruppe von schwarzen Männern mit
leuchtend grünenJacken, aufdenen großderSchriftzug RESCUE prangt. Mit ihren weißen
und wachen Augen mustern sie mich von oben bis unten. Ich spüre förmlich wie ihre
Blicke auf mir ruhen und sehe diese riesigen Fragezeichen über ihren Köpfen, als sie sich
nur über Augenkontakt mit meinem Guide austauschen. Ihre Unsicherheit, ob sie eingre-
ifen sollen oder nicht, steht ihnen deutlich ins Gesicht geschrieben. Die Unsicherheit, ob
sie womöglich dem Typen, der gerade in allerbester Zombiemanier an ihnen vorbeitorkelt,
unter die Arme greifen müssen. Doch das macht mir Mut. Nicht, dass ich so mitleiderre-
gend und hilfsbedürftig aussehe, sondern vielmehr, dass es jetzt scheinbar nicht mehr weit
seinkann.Dassdiese dreiKerle vermutlich einvorgezogener Rettungsposten derAbstiegs-
route zum Camp sein könnten. Und ich behalte mit meiner Vermutung recht. Am Ende des
Hügels erkenne ich die ersten bunten Zelte inmitten der kargen, grauen Landschaft. Das
Barafu Camp . Es liegt direkt vor mir und weist mir, wie ein Leuchtturm dem Seemann
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