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dem Ziel, aufzugeben. Niemals mit der Ungewissheit, ob du es doch noch geschafft hät-
test. Ob du wirklich alles Mögliche für dein Ziel gegeben hast. Niemals mit den rech-
thaberischen Blicken dieser pessimistischen Arschlöcher. Und es wäre doch gelacht, wenn
ich diesem „bösen Geist“, diesem Kilimandscharo, nicht kräftig in seinen fetten, steinigen
Arschtretenkann.Anderevormirkonntendasauch.WenndiesePfeifendaskonnten,dann
ich erst recht. Ich muss das einfach schaffen! Das bin ich mir selbst schuldig! Also wische
ich mir die Melange aus Kotze und Rotze vom Gesicht und greife meine Trekking-Stöcke,
umsiedannvehementmitderEisenspitzevorausindenBodenzurammen.BeimAufricht-
en beginnen die Stöcke unter meinem Gewicht zu ächzen und ich schaue den nicht enden
wollenden und eisflankierten Geröllweg Richtung Uhuru Peak hinauf, bevor ich meinen
unbestimmten Weg zum ersehnten Gipfel mit einem ersten, quälenden Schritt fortsetze.
Pole, Pole. Links, rechts.
Ich bin jetzt wie im Tunnel. Bin wie in Trance, als ich mühsam einen Fuß vor den
anderen setze. Jetzt zählt es. Alles oder nichts. Das Ziel erreichen oder einfach auf den mit
Lavaasche bedeckten Boden stürzen und liegen bleiben. Beides ist möglich. Doch eines ist
Fakt: ich drehe mich nicht mehr um. Bleibe nicht auch nur für eine Sekunde stehen, um
durchzuatmen. Senke auch nicht nur für eine Sekunde meinen Blick, sondern nagele mein-
enBlick ganzfestandenHorizont. DennirgendwodortmussderGipfel sein.Irgendwoam
Ende dieses langen und leicht ansteigenden Kamms. Irgendwo hinter dieser Felsformation,
die mir die Sicht versperrt und sich zwischen mir und den Gipfel stellt.
Nach einer halben Stunde, die mir wie eine Ewigkeit vorkommt, sehe ich beim Passieren
der Felsformation in der Ferne die Gipfeltafel. Vielleicht noch 300Meter.Sofrohein Stück
Blech zu sehen, war ich noch nie im Leben. Das Ziel so nah, so greifbar nah, schöpfe ich
neue Motivation und Energie. Fokussiere mich nur noch auf dieses Schild. Versuche das
letzte bisschen Energie aus meinem Körper zu quetschen und so viel Sauerstoff wie mög-
lichaufzusaugen.HoleganztiefLuft.GanzsowiedieTypenindenDokumentationen über
Extrembergsteigen, die ich bisher immer nur müde belächelt habe, weil ich das „theatralis-
che“ Luftholen nur für schlecht inszenierte Show hielt. Hier ist es Realität. Laufe vorbei an
einem Asiaten, der mit weit aufgerissenem Mund auf dem Geröllweg kniet.
Fünfzehn Minuten später stehe ich davor. Und nach acht horrorhaften Stunden im Aufstieg
schaue ich auf das Schild, bis zu dem mich mein Ehrgeiz getrieben hat und auf dem
in zuckersüßen Lettern geschrieben steht: CONGRATULATIONS! YOU ARE NOW AT
UHURU PEAK . 5.895 M AMSL. TANZANIA. AFRICA`S HIGHEST POINT. - Ja, Afri-
kas höchster Punkt. - Doch mehr als einen kurzen Blick kann ich nicht erhaschen. Dann
geben meine schlotternden Beine nach und ich breche auf einem Stein links des Gip-
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