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Für Geselligkeit habe ich keinen Nerv und für die Geschäftigkeit im Camp bin ich gerade
überhauptnichtinStimmung.Ichmöchtemichnurnochausruhen.Alsotrotteicherschöpft
durch das Camp und begebe mich auf die Suche nach dem Rest meines Teams. Gasper
hat offenbar denselben Plan und schreit stakkatoartig nach Hasani. Danach dreht sich an-
nähernd jeder Klient, Guide und Porter im Camp irritiert um. Jeder außer Hasani. Nach-
dem das ganze Lager dank Gasper weiß, dass auch wir endlich da sind, finden wir auch
bald Hasani. Der fleißige Hasani hat schon mein olivgrünes Zelt aufgestellt und dabei vor
lauter Schufterei gar nicht bemerkt, dass er der mit Abstand gefragteste Mann im Lager
war. Vielleicht ging das Gebrüll auch in seiner dicken, schwarzen Wollmütze unter, die er
sich bis tief über die Ohren gezogen hat. Und auch mein zweiter Träger, Japhet, trudelt mit
dem Rest meiner persönlichen Ausrüstung zeitgleich mit mir ein. Damit waren wir dann
schon drei aus meinem angeblich fünf Mann starkem Team. Wilson, ein weiterer Träger,
und Juma, meinen Koch, habe ich in den letzten drei Tagen noch nicht einmal zu Gesicht
bekommen. Das kann aber auch daran liegen, dass die Träger anscheinend oftmals an-
dere, kürzere Routen gehen als mein Guide Gasper und ich. Sie kürzen ab, um alles Nötige
für das nächste Camp vorzubereiten, sodass ich Bergnovize beim Eintreffen gleich ein
Schlückchen Tee, pappiges Popcorn und ein bezugsfertiges Zelt vorfinde. Also ziehe ich
mich erschöpft ins Zelt zurück, wechsle meine feuchten Sachen und behandle meine Füße,
die heute ziemlich stark mitgenommen wurden. An beiden Fersen haben sich daumen-
große Blasen gebildet. Diese sind aufgegangen, die Haut hat sich abgeschält und lässt das
rosafarbene Fleisch durchschimmern. Ok, ausheulen werde ich mich darüber nicht. Wenn
du dir deine Wanderstiefel erst eine Woche vor der Abreise kaufst und der Verkäufer dir
mit einem ironischen Klopfen auf die Schulter sagt: „Nicht vergessen, mindestens sechs
Wochen lang einlaufen“, dann ist das halt so. Und obwohl ich die letzten Tage in Deutsch-
land noch mit diesen klobigen Stiefeln bei über 30 Grad und mit Muskelfaserriss über den
Berliner Ku'damm und bei der Arbeit rumgehumpelt bin, habe ich mit einigen Blasen ganz
fest gerechnet und mich dementsprechend darauf vorbereitet. Die Entscheidung, im Super-
markt ein paar Euro mehr für Blasen-, Druckstellen- und Hühneraugenpflaster auszugeben,
war deshalb goldrichtig.
Meine Kopfschmerzen sind weiterhin so stark, dass ich gleich noch mal zwei Tabletten
Paracetamol nachwerfe und beschließe, den Rest des Tages gut eingemummelt in meinen
Schlafsack im Zelt zu bleiben. Auch der Geistesblitz, dass die Kopfschmerzen durch ver-
stopfte Stirn- und Nasennebenhöhlen verursacht werden, stellt sich als Trugschluss heraus.
Denn das Einzige was beim Schnauben nach ein paar ordentlichen Hieben aus meinem
Kindernasenspray aus der Nase läuft, ist Blut.
Folglich liege ich einige Stunden einfach nur wach im Zelt. Dabei starre ich unmotiviert
an die grüne Zeltplane, versuche mich zu entspannen und trinke wieder Unmengen an Tee,
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