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holen um die Ecke sein könnten. Ob die Japaner ihren GPS-Schnickschnack umsonst den
Berg hochschleppen oder die russischen Genossen lieber einen Rubel mehr in Schuhe in-
vestiert hätten: Die Zukunft wird es sehr bald zeigen.
Einfach alles und jeder quatscht kreuz und quer im Bretterverschlag, so dass sich ein in-
ternationaler, multikultureller Gesprächsbrei mit englischen, spanischen, deutschen, japan-
ischen und russischen Wortfetzen in meine Ohren drängt. Was für ein interessantes Spek-
takel. Und während ich mich so umschaue, peitscht der Wind den plötzlich einsetzenden
Regen unter das Dach des Unterstandes und durch mein dünnes T-Shirt hindurch direkt
an meinen Rücken. Langsam kriecht mir die Kälte in den Körper und ich bemerke, dass
ich nicht mehr im sonnenverwöhnten Moshi bin, sondern am Beginn einer ganz besonder-
en Reise stehe. Eine Reise zum Gipfel des „Kili“. Eine Reise zur Kaiser-Wilhelm-Spitze,
wie der Kilimandscharo, entspringend aus alten Zeiten des deutschen Kolonialismus, früh-
er auch noch liebevoll genannt wurde.
Überall bei den Teams anderer Touren herrscht plötzlich reges Treiben und Aufbruchsstim-
mung. Und auch bei mir macht sich leichte Nervosität und Vorfreude breit. Dann endlich
bekomme ich nach drei Stunden das ersehnte Zeichen zum Aufbruch. Jetzt gibt es kein
Zurück mehr. Die Stiefel nochmal nachschnüren, Rucksack schultern, Poncho überwerfen
und auf geht's. Das Abenteuer Kilimandscharo-Besteigung kann beginnen.
Der Regen prasselt auf meinen Poncho. Gasper und ich wandern wenige hundert Meter
übereinegutbefestigteSchotterstraße,bisdieseineineneinMeterfünfzigbreiten,glitschi-
gen und vom Regen durchweichten Trampelpfad übergeht. Als der Regen dann langsam
nachlässt, bis er letztendlich völlig versiegt, finde ich mich mitten im Regenwald wieder.
Dessen unbeschreiblich farbintensive Pflanzenwelt zaubert mir ein breites Grinsen in das
Gesicht. Wohin das Auge blickt, sieht man nur Moose, Flechten und hohe Laubbäume,
dessen Stämme und Äste über und über mit Baumfarne behangen sind. Unterbrochen, aber
nicht gestört, wird dieses Idyll nur von ein paar Diademmeerkatzen, die stimmgewaltig
durch die lichtdurchfluteten Baumkronen tollen.
Das Idyll wird lediglich vonTrägern gestört, die sich wie Gehetzte an unsvorbeischlängeln
und dabei die natürliche unverbrauchte Luft mit dem süßlichen Geruch von Marihuana und
billigen Konyagi Gin verpesten. Vielleicht ist das der Grund, warum Scherzbolde unter
den Trägern vor mir salutieren, vielleicht aber auch wegen meiner olivgrünen deutschen
Armeehose. Wie auch immer. Das Angebot, mir etwas Gras abzugeben, schlage ich erst
einmal aus.
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