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Bad Freienwalde
sonst in Deutschland leben feucht- und
trockenliebende Pflanzen so eng beiei-
nander. Steppenpflanzen wachsen in
nächster Nähe von Schilf, Weiden und
Wasserpflanzen, im Frühjahr überzie-
hen ganze Blütenmeere die Hänge zwi-
schen Seelow und Lebus. Außerdem
sind die Polder Rast- und Brutstätte vie-
ler seltener Vogelarten. Mitunter sind
Schwarzstörche, Fischadler, Rohrdom-
meln, Trauerseeschwalben und zahlrei-
che Entenarten zu beobachten.
Die Flussniederungen um die Oder
waren schon in der Steinzeit bewohnt.
Später wechselten germanische und
slawische Siedlungen einander ab, be-
vor unter Friedrich dem Großen Kolo-
nisten für die Trockenlegung sorgten.
Auf Anweisung des Königs wurde auch
das Flussbett der Oder begradigt und
das westliche Ufer eingedeicht, was Vo-
raussetzung für die landwirtschaftliche
Nutzung des fruchtbaren Bodens war.
Mit seinen vielen Getreide-, Zuckerrü-
ben-, Mais- und Gemüsefeldern ist das
Bruch auch heute noch ein wichtiger
Nahrungsmittellieferant. Gleichzeitig
belegen Herrenhäuser und Schlösser
wie Kunersdorf, Gusow (s. S. 213) oder
Neuhardenberg (s. S. 206), dass die Ge-
gend nicht gänzlich vom politischen Le-
ben Brandenburgs abgeschnitten war.
In Kunersdorf, wo eine schöne Grabko-
lonnade an die Familien von Leswitz
und Itzenplitz erinnert, versammelte z.
B. die emanzipierte Helen Charlotte
von Friedland erlauchte Persönlichkei-
ten aus Kultur und Politik um sich.
Mehrere Fernwander- und Rad-
wege führen durch das Gebiet, z. B.
der Oder-Neiße-Radweg, der von
Frankfurt/Oder über Lebus und Küstrin
nach Groß Neuendorf und weiter in
den Nationalpark Unteres Odertal
führt. Es empfiehlt sich, in dem men-
schenleeren Gebiet an der polnischen
Grenze immer genügend Proviant da-
beizuhaben.
J 4
»Hübsches Wort für hübschen Ort. (…)
in den Marken gibt es wenig Orte von
besserm Klang«, schrieb Fontane über
die Stadt am nördlichen Rand des
Oderbruchs. Er weilte oft und gern hier
und genoss die »Leichtbegnüglich-
keit« der Stadt, die damals bedeuten-
der Kurort war. 1683 hatte ein Apo-
theker von der Heilkraft des Quellwas-
sers gehört, es untersucht und seinen
mineralischen Gehalt festgestellt. Da-
raufhin ließ Kurfürst Friedrich Wilhelm
einen Kurbetrieb aufbauen. 1706
wurde für Friedrich I. ein Lustschloss er-
richtet, dem ein Jahr später das von
Langhans erbaute Logier- und Bade-
haus folgte. Das Schloss fiel allerdings
einem Erdrutsch zum Opfer.
Schloss Freienwalde
Rathenaustr. 3, April-Okt. Mi-So
11-17, Winter Mi-So 11-16 Uhr
So baute 1799 David Gilly für Königin
Friederike Luise ein neues, frühklassi-
zistisches Schloss am Apothekerberg.
Besonders schön ist der elegante Pavil-
lon mit Säulenumgang, der mal als
Teehäuschen, mal als kleines Theater
genutzt wurde. Später kamen Berliner
Adlige und betuchte Bürger hierher, es
entstanden eine ganze Reihe von Vil-
len mit schönen Fassaden, die heute
Teil des historischen Kurviertels in der
Gesundbrunnenstraße sind. Zu den be-
rühmtesten Gästen gehörte der Indus-
trielle, Sozialphilosoph und spätere
Außenminister der Weimarer Republik
Walter Rathenau. 1909 erwarb er das
Schloss und den von Lenné umgestal-
teten Schlossgarten. Hier erholte er
sich regelmäßig - bis er 1922 einem At-
tentat zum Opfer fiel. Im Schloss erin-
nert heute die Rathenau-Gedenkstätte
Morgenstimmung im Oderbruch
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