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Ein trügerisches Friedensdorf
Bei Elstal zehn Kilometer westlich von
Berlin entstand Anfang der 1930er-
Jahre das Olympische Dorf, in dem vom
1. bis 16. August 1936 rund 400 Athle-
ten aus über 50 Nationen wohnten. In
nur zwei Jahren wurden ca. 150 Ge-
bäude errichtet, die für damalige Zeiten
äußerst modern ausfielen. Wo gab es zu
dieser Zeit schon eine finnische Sauna
am Ufer eines künstlichen Sees mit der
Möglichkeit, die Wettkämpfe per Live-
Übertragung auf Kinoleinwänden zu
verfolgen? Die innovative Architektur
und hohe Bauqualität inmitten eines
idyllischen Landschaftsgartens ließen
die Besucher nicht unbeeindruckt: »Es
ist so schön hier, dass wir uns vor dem
kommenden Alltag fürchten«, schrieb
damals ein norwegischer Journalist und
nannte das Dorf ein »Stück des Him-
mels«. Was er nicht wissen konnte: Das
Olympische Dorf war Teil der ausgeklü-
gelten Propaganda-Maschinerie des
NS-Regimes und wurde zielstrebig für
die spätere Nutzung durch die Wehr-
macht angelegt. Von den Olympia-
Gastgebern als »Dorf des Friedens« ge-
priesen, kündigten sich hier und da be-
reits die Vorbereitungen auf den
Zweiten Weltkrieg an.
Zuschlag für die Austragung der Olym-
pischen Spiele erhalten hatte, machte
sich ein ganzes Team aus Architekten
und Landschaftsplanern an die Arbeit.
Die Planung oblag dem Architekten
Werner March, der auch für das Olym-
piastadion und das Reichssportfeld ver-
antwortlich zeichnete.
Bezeichnenderweise gehörte das
Gelände der Wehrmacht, die es zur
Nutzung während der Olympischen
Spiele zur Verfügung stellte. Bedin-
gung war, es so zu bebauen, dass es
später für militärische Zwecke genutzt
werden könnte. Über das Gebiet ver-
teilten sich ein Empfangsgebäude,
rund 140 Wohnhäuser für die Sportler,
ein Speisehaus, ein Küchenhaus, das so-
genannte Hindenburghaus für gesel-
lige Zusammenkünfte, eine Sporthalle,
ein Sportplatz, eine Schwimmhalle,
eine Sauna sowie ein Ärzte- und Kran-
kenhaus. Einige Gebäude existieren
nicht mehr, andere sind mehr oder we-
niger Ruinen, die in Erwartung einer
späteren Sanierung notdürftig wieder-
hergerichtet wurden. Doch reichen sie
aus, um sich einen Eindruck von der
Qualität der Anlage zu verschaffen.
Die einzelnen Gebäude
Gleich am Eingang steht eine impo-
sante Sport- und Turnhalle , danach
folgt der Sportplatz mit Olympiama-
ßen. Am Ende sind die Reste der
Schwimmhalle zu sehen. Noch bis in
die 1990er-Jahre genutzt, wurde sie
danach von Jugendlichen in Brand ge-
setzt und z. T. schwer zerstört. Dabei
stellte sie früher mit ihrem 25-Meter-
Becken, Fußbad und elektrischen Fens-
terhebern eine kleine Sensation dar.
Um die Halle gruppieren sich einige
der einst 136 Wohnhäuser, in denen
die ausschließlich männlichen Sportler
unterkamen - die relativ wenigen
Sportlerinnen wohnten in der direkten
Landschaftsgarten und
Wehrmachtsgelände
Wer das Olympische Dorf vom heuti-
gen Eingang an der Südwestseite be-
tritt, hat ein 540 000 m 2 großes Areal
vor sich, auf dem nicht nur einfach die
notwendigen Funktionsgebäude ste-
hen. Vielmehr wurden diese in einen
beschaulichen Landschaftsgarten mit
Ober- und Unterdorf, Hügeln und ei-
nem kleinen See eingebettet. Buchen,
Birken und Eichen wurden angepflanzt
und zur Belebung des künstlichen Sees
sogar Tiere aus dem Berliner Zoo ge-
holt. Nachdem Deutschland 1931 den
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