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geistiger Beschreibungen und Romane.
Zunächst kamen vor allem englisch-
sprachige Autoren, denen die französi-
sche Riviera zu teuer geworden war,
auf die Insel. Aber auch die ersten
Überwinterer aus Deutschland fanden
sich ein. Immerhin gab es bereits in
den 1920er-Jahren auf Mallorca zwei
deutschsprachige Wochenzeitungen.
lertreffpunkt zu machen, der es bis
heute (zumindest in der Werbung) ge-
blieben ist. Während des Spanischen
Bürgerkriegs emigrierte Graves vorü-
bergehend in die USA, kam aber 1946
zurück und hielt seine Erlebnisse auf
Mallorca in dem lesenswerten Buch
»Geschichten aus dem anderen Mal-
lorca« fest.
Die Protagonisten
Aus weiblicher Sicht
Anfang des 20. Jh. ließ sich der Kata-
lane Santiago Rusiñol (1861-1931) auf
der Insel nieder, ein reicher Bohème,
der sich vollständig der Kunst widmen
konnte. Bekannt geworden ist er vor
allem als impressionistischer Maler und
Vorreiter des katalanischen Jugend-
stils, machte sich darüber hinaus aber
auch als Schriftsteller und Verfasser
von Theaterstücken einen Namen. Mit
»La isla de la calma« (»Die Insel der
Ruhe«) hinterließ er 1922 eine poetisch
einfühlsame Beschreibung von Land
und Leuten. »Das ruhige Leben hat
zwei Vorzüge: man lebt besser und
man lebt länger«, schrieb er, meinte
damit aber wohl nicht sich selbst, war
er persönlich doch sehr umtriebig, un-
gemein produktiv und überdies dro-
genabhängig.
Während Rusiñol fast in Vergessen-
heit geraten ist, umgibt den Briten Ro-
bert Graves (1895-1985) bis heute ein
Mythos. Der Verfasser der Claudiusro-
mane (»Ich, Claudius, Kaiser und Gott«
und »Die weiße Göttin«) ließ sich auf
Anraten der Autorin Gertrude Stein
(»Wenn du das Paradies ertragen
kannst, komm nach Mallorca«) 1929 in
Deià nieder. Die Tantiemen aus seinen
Bestsellern »Good bye to all that« und
»Lawrence and the Arabs« ermöglich-
ten es ihm, ein gastfreies Haus zu füh-
ren und so Deià zum beliebten Künst-
In den 1930er-Jahren stattete auch
Agatha Christie Mallorca einen Besuch
ab und hielt ihre Erlebnisse in Port
de Pollença in einer Kurzgeschichte
fest (»Problem at Pollensa Bay«). Sie
wohnte übrigens in dem noch heute
existierenden Hotel Illa d'Or.
Eine weitere Femme fatale, die Mal-
lorca zu einem Platz in der Literatur
verhalf, war Anaïs Nin (1903-1977), die
sich einst mit Henry Miller zusammen-
getan hatte und ihren Lebensunterhalt
mit erotischer Literatur als Auftragsar-
beit verdiente. 1941 lebte sie für ein
halbes Jahr in Deià und schrieb Teile
der Kurzgeschichtensammlung »Das
Delta der Venus«, darunter die Ab-
handlung »Maria« über ein Fischer-
mädchen, das sich am Strand des Ortes
mit einem Touristenpärchen vergnügt.
Deutsche Emigranten
Weit weniger vergnüglich waren die
Erlebnisse der deutschen Autoren, die
nach der Machtergreifung Hitlers 1933
nach Mallorca flohen und sich irgend-
wie durchschlagen mussten, ehe der
Arm des Franco-Faschischmus sie er-
reichte und 1936 erneut in die Verban-
nung trieb. Verständlich, dass Faschis-
mus und Nationalsozialismus in den
Werken, auch wenn sie Mallorca zum
 
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