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Aus rohen Steinen gefügte Türme,
Mauern und Kammern durchdringen
sich zu einer puebloartig verschachtel-
ten Ansiedlung, die noch viele Rätsel
aufgibt. Die kastilische Bezeichnung
talayot (katal. talaiot ) entstammt dem
arabischen atalaya (Turm) und nimmt
Bezug auf die typische Bauform dieser
prähistorischen Siedlungen der Balea-
ren, die auch auf Menorca, wenngleich
in anderer Form, stark vertreten sind.
Obwohl menschliche Besiedlung auf
Mallorca bis ins 4. Jt. v. Chr. nachweis-
bar ist, trat die eigentliche Talaiot-Kul-
tur mit ihren charakteristischen Bau-
werken erst ab dem 14. Jh. v. Chr. in Er-
scheinung, der Epoche des Übergangs
von der Bronze- zur Eisenzeit. Kenn-
zeichen sind in zyklopischer Bauweise
errichtete Türme und Kammern. Die
runden Türme wiesen einen ebenerdi-
gen Zugang und eine Mittelsäule auf,
auf der die Decke ruhte. Man geht da-
von aus, dass sie vornehmlich sakralen
Handlungen dienten.
Da auch auf Korsika und Sardinien
ähnliche Megalithbauten gefunden
wurden, nimmt man an, dass bereits in
jener frühen Epoche, dem Talaiotikum
I und II (1300-800 v.Chr.), Verbindun-
gen mit dem westlichen Mittelmeer-
raum bestanden haben. Erst im Talaio-
tikum III und IV (800 v. Chr.-123 v. Chr.)
kam es aber zu engeren Kontakten mit
den seefahrenden Völkern. Vor allem
die Phönizier und ihre Nachfolger, die
Karthager, die bis zur Vorherrschaft
der Römer den Handel im Mittelmeer
beherrschten, nutzten die Balearen als
Umschlagplatz in ihrem weit ver-
zweigten Handelsnetz, freilich ohne
sie zu kolonisieren.
Bedeutung, da die Auswertung der Er-
gebnisse unterblieb.
Zentrum der Anlage, die über meh-
rere Jahrhunderte existierte und mög-
licherweise bereits um 1400 v. Chr. ge-
gründet worden war, bilden drei runde
und zwei quadratische Talaiots, umge-
ben von den Grundmauern zusam-
menhängender Gebäude. Die Stadt-
mauer, die den Komplex einst um-
schloss, ist nur noch in spärlichen
Resten vorhanden, da sie als Stein-
bruch für den Bau der umliegenden
Siedlungen und selbst der Kathedrale
von Palma genutzt wurde.
Wandel der Bauweise
Die runden Talaiots dürften noch aus
der Frühzeit der Niederlassung stam-
men, während die besser erhaltenen
quadratischen dem 6. Jh. v. Chr. zuge-
ordnet werden. Vor allem der linke,
noch bis zu einer Höhe von 6 m aufra-
gende, zweistöckige, eckige Turm ver-
mittelt einen guten Eindruck von der
Konstruktionsweise. Zu ebener Erde
liegt eine fensterlose Kammer, die man
durch einen schmalen Gang betritt.
Obwohl die ersten Ausgräber hier ein
Skelett entdeckten, ist zweifelhaft, ob
es sich ursprünglich um eine Grabkam-
mer handelte. Eine zentrale Steinsäule
stützt die aus großen Steinplatten ge-
formte Zwischendecke. Den zweiten
Stock schloss ebenfalls ein Flachdach
ab, das noch bis ins 20. Jh. hinein vor-
handen war. Ob der Talaiot damit
seine volle Höhe erreicht hatte, ist
nicht bekannt, da auch dreistöckige
Anlagen nachgewiesen werden konn-
ten. In der letzten Phase deuten Klein-
funde von Keramiken, Waffen und
Werkzeugen auf enge kulturelle Bin-
dungen zu den Nachbarn, von denen
man, wie die Funde von Costitx (s. S.
222) belegen, auch den Stierkult über-
nahm.
Frühe Grabungen
Die ersten archäologischen Grabungen
in Capocorb Vell setzten zwar bereits
1919 ein, waren aber nur von geringer
 
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