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Nicht Kunstschätze oder Architektur
haben die Kartause zur Touristenat-
traktion werden lassen, sondern der
Aufenthalt von Frédéric Chopin und
seiner Gefährtin George Sand 1838/
1839. Romanzen berühmter Persön-
lichkeiten vermarkten sich eben be-
sonders gut, vor allem, wenn sie der
Hauch des Skandals umweht.
Dass das unverheiratete Paar in Be-
gleitung der unmündigen Kinder der
Frau, die zudem noch sechs Jahre älter
als ihr Gefährte war, gerade in einem
ehemaligen Kloster Unterkunft fand,
entbehrt nicht einer gewissen Pikante-
rie. So ist denn auch der Bericht der
Schriftstellerin »Ein Winter auf Mal-
lorca« zum Kultbuch der Inselbegeis-
terten geworden. Und dies, obwohl
George Sand darin mit den Bewohnern
hart ins Gericht geht und den Tag
glücklich preist, an dem sie den Balea-
ren wieder den Rücken kehren durfte.
Eigentlich wollte das Paar hier die Flit-
terwochen verbringen, hatte man sich
doch erst kurz zuvor kennen und lie-
ben gelernt. Die ungeheizten Zellen
und das feuchte Winterklima waren
aber nicht gerade Balsam für Chopins
ohnehin angegriffene Gesundheit. Die
Musik allerdings, die Chopin hier kom-
ponierte, unter anderem das Regen-
tropfenprélude (op. 28, Nr. 15), hat
einen unverrückbaren Platz in der
abendländischen Kulturgeschichte ge-
funden.
einem islamischen Alkazar hervorge-
gangene Königsresidenz von Jaume II.
übernommen und zum Kloster ausge-
baut. Seine größte Ausdehnung er-
reichte das Kloster im 18. Jh., obwohl
den Satzungen zufolge nur zwölf
Mönche in der Kartause lebten. Nach
der Vertreibung des Ordens 1835 sä-
kularisierte der Staat das Kloster und
vermietete in der Folgezeit die Zellen
als Sommerresidenzen an Palmas Mit-
telstand.
Heiligtümer und
wundersame Medizin
Der Besucher betritt zunächst die Kir-
che , ein einschiffiges Barockbauwerk
des 18. Jh. Die Deckengemälde schuf
der Kartäusermönch Bayeu, ein Schwa-
ger des Malers Goya. Unter den vielen
Statuen befindet sich auch eine von
Catalina Tomàs, der in Mallorca hoch-
verehrten Volksheiligen, die 1531 in
Valldemossa geboren wurde und spä-
ter im Kloster Santa Magdalena in
Palma lebte. In der Sakristei beeindru-
cken Kirchengerät, alte Messgewänder
und ein marmornes Weihwasserbe-
cken.
Von der Kirche aus betritt man den
Kreuzgang . An der Kirchenlängswand
hat die historische Apotheke ihren
Platz, in der jener alte misstrauische
Kartäusermönch wirkte, den George
Sand in ihrer Erzählung porträtiert hat.
Besonders interessant sind die kunst-
vollen alten Gläser und Majolika-Ge-
fäße, in denen manch wundersame
Medizin, wie etwa das Apostelschmalz,
aufbewahrt wurde. An der gegen-
überliegenden Seite erstreckt sich der
Wohntrakt , in dem man zunächst auf
die Wohnung des ehemaligen Abtes
stößt. Die Räumlichkeiten umfassen
außer der Zelle eine Kapelle, eine Bi-
bliothek mit wertvollen Büchern und
ein Elfenbein-Triptychon.
Königspalast, Kloster,
Sommerresidenz
Der weiträumige, mit seinen ver-
schachtelten Zellen und dem minarett-
artigen Turm romantisch wirkende
Komplex, bestehend aus Kirche, ange-
bautem Kloster und Palau del Rei Sanç,
erhebt sich auf einem Hang über Stadt
und Tal. Kartäusermönche aus Tarra-
gona hatten 1399 die ehemalige, aus
 
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