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Die sowjetischen Geheimdienste und ihre Gulags
Staatsterror als Herrschaftsprinzip
Georgien als Teil des zaristischen Impe-
riums und später in fast nahtlosem Übergang
als Teil der Sowjetunion war ebenso Repres-
sionen ausgesetzt wie alle anderen ehema-
ligen Sowjetrepubliken. Auffällig war die Pa-
ranoia der jeweiligen Machthaber, das Miss-
trauen gegen ihre eigenen Bürger, denen sie
doch ein Leben in Wohlstand und Gerechtig-
keit versprochen hatten.
Kennzeichnend für ein Unrechtssystem ist
die Tatsache, dass keineswegs nur Men-
schen, die ein anderes Leben wollten, umge-
bracht wurden. Jeder konnte jederzeit ver-
dächtigt, denunziert, eingekerkert, in Arbeits-
lager deportiert oder umgebracht werden. Es
bedurfte nur eines Nachbarn oder Kollegen,
dem die Nase des Bezichtigten nicht passte,
der eifersüchtig war auf was auch immer.
Auch völlig unpolitische Personen waren kei-
neswegs vor Verfolgung sicher.
Grundlage für viele Verhaftungen war der
berüchtigte „Kaugummiparagraf“ §58. Er um-
fasste praktisch alle möglichen oder unmög-
lichen Arten von Verbrechen, auch nur beab-
sichtigte Verbrechen. Es lag im Ermessen des
Staatsanwaltes zu bestimmen, ob jemand ein
Verbrechen beabsichtigte oder nicht. Alexan-
der Solschenizyn beschreibt in seinem „Ar-
chipel Gulag“ den berüchtigten Paragrafen
näher: „Ohne Prozess oder in Schauprozes-
sen, also in Prozessen ohne rechtsstaatliche
Grundlage, wurden die Beschuldigten zu jah-
relanger oder lebenslanger Haft, Arbeitslager
(Gulag) oder zum Tode verurteilt.“
Mitte 19. Jh.: Mit dem Anwachsen anarchi-
scher und sozialistischer Bewegungen muss-
te eine eigenständige Behörde her
1881-1917: Wahrnehmung geheimdienst-
licher Aufgaben durch die Ochrana
(„Schutz“), die noch heute im Verdacht steht,
den georgischen Fürsten Ilja Tschawtscha-
wadse 1907 ermordet zu haben. Josef Roth
(1894-1939) beschreibt in seinem Roman
„Beichte eines Mörders, erzählt in einer
Nacht“ die Willkür der zaristischen Geheim-
polizei
20.12.1917: Felix Dszerschinsky gründet auf
Beschluss der Partei die Tscheka („Außeror-
dentliche Kommission“). Die Bolschewisten
bezeichneten die Tscheka als „bewaffneten
Arm der Diktatur des Proletariats“, zuständig
für ausländische Geheimdienstaktivitäten,
hauptsächlich aber zur Bekämpfung der Op-
position, der sogenannten Konterrevolution
Beginn des Ersten Weltkrieges: Gründung
eines weithin unbekannten Geheimdienstes
der Streitkräfte namens GRU ( Glawnoje Ras-
wedywatelnoje Uprawlenije, „Hauptauf-
klärungsverwaltung“)
1922: Umbenennung der Tscheka in GPU
( Glawnoje Polititscheskoje Uprawlenije, „Poli-
tische Hauptverwaltung“)
1923: Umbenennung in OGPU ( Objedin-
jonnoje Gosudarstwennoje Polititscheskoje
Uprawlenije, „Vereinigte Staatliche Politische
Verwaltung“)
1934: Umbenennung in GUGB („Haupt-
verwaltung für Staatssicherheit innerhalb des
NKWD“, Narodnij Kommissariat Wnu-
trennych Del, „Volkskommissariat für Innere
Angelegenheiten“)
19.4.1943: Das NKWD gründet die
SMERSCH ( SMER t SCH pionam, „Tod den
Spionen“), Spionageabwehr zur Entlarvung
von Verrätern, Deserteuren, Spionen und kri-
minellen Elementen
1946: Umbenennung des NKWD in MWD
( Ministerstwo Wnutrennych Del, „Ministerium
für Innere Angelegenheiten“). Die Volkskom-
missare nannten sich forthin Minister für In-
nere Angelegenheiten
Chronologie des Staatsterrors
Georgien wurde 1801 vom zaristischen
Russland annektiert. Daher soll die folgende
Übersicht mit diesem Zeitpunkt beginnen:
1802: Zar Alexander I. gründet ein Ministe-
rium für innere Angelegenheiten, zuständig
für Polizei, Wachmannschaften und Aufsicht
der Regierungsbehörden, Gefängniswesen,
Klerus, Postwesen, Brandbekämpfung, Bau-
wesen, Medizinalwesen etc.
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