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nicht erforderlich sei. Im Januar 1993
bat Schewardnadse die UNO offiziell
um die sofortige Entsendung einer
UN-Friedenstruppe. Stattdessen ent-
sandte die UNO im April 1993 eine
zweite Beobachtergruppe.
Im Juni 1993 verlangte Russland von
Georgien, Abchasien einen Autono-
miestatus zu gewähren, und ermutigte
abchasische Milizen zur militärischen
Übernahme des Landes mit Ausnah-
me der Hauptstadt Sochumi. Am
27. Juli 1993 unterzeichneten Russ-
land, Georgien und Abchasien in So-
tschi ein Waffenstillstandsabkom-
men. Dieses Abkommen beinhaltete
den Rückzug der georgischen Trup-
pen aus Abchasien und die Rückkehr
des abchasischen Parlaments nach So-
chumi unter den Augen von UN-Be-
obachtern.
Die georgischen Truppen lieferten
vereinbarungsgemäß ihre schweren
Waffen und Raketen bei den russi-
schen Truppen ab, die abchasische
Seite brach jedoch dieses Abkommen
schon am 16. September 1993 und er-
oberte die Hauptstadt Sochumi. Die
letzten georgischen Militäreinheiten
verließen Abchasien bis zum 30. Sep-
tember 1993. Ihnen mussten 250.000
Vertriebene folgen, auch einige Tau-
send Armenier und Griechen, die seit
Generationen in Abchasien lebten.
Viele Menschen kamen bei der Flucht
über die verschneiten Bergkuppen
Swanetiens um. Abchasien verlor so
innerhalb kürzester Zeit die Hälfte sei-
ner Einwohner! Georgien musste die-
se Flut von Flüchtlingen in genauso
kurzer Zeit aufnehmen und unterbrin-
gen, was bei einem Volk von ca. fünf
Millionen eine mehr als große Heraus-
forderung war.
Noch im Jahr 1993 kam es in West-
georgien, etwa in Kutaisi und Sugdidi,
zu Kämpfen der Gamsachurdisten,
Anhänger Swiad Gamsachurdias. Die
Lage des damaligen georgischen
Staatspräsidenten Eduard Scheward-
nadse schien aussichtslos. Russland
bot Unterstützung an, wenn Sche-
wardnadse seinerseits bereit wäre,
Georgiens Antrag zum Beitritt in die
GUS (Gemeinschaft Unabhängiger
Staaten) einzubringen. Gleichzeitig
musste er der langfristigen Stationie-
rung russischer Truppen in Georgien
zustimmen.
Im September 1993 sollte in Genf ei-
ne UN-Konferenz zur politischen Lö-
sung des Abchasienkonfliktes stattfin-
den. Die Vertreter Abchasiens erschie-
nen gar nicht erst in Genf, sondern
nahmen Sochumi in einem Militär-
schlag ein, wobei die „Schutzmacht“
Russland, die ja die Einhaltung des
Waffenstillstandsabkommens garantie-
ren sollte, nicht eingriff. Schewardnad-
se rief die UNO um Hilfe an, aber das
kleine Georgien scheint in den Augen
westlicher Politiker eine weit geringe-
re politische Bedeutung zu haben als
die Supermacht Russland. Oder wie
sonst soll man es sich erklären, dass
die territorialen Grenzen des OSZE-
Mitgliedsstaates Georgien durch die
nationale Minderheit der Abchasen
unter Mithilfe des OSZE-Mitgliedsstaa-
tes Russland verletzt werden? Dies
stellt in gewissem Sinne auch einen
Präzedenzfall dar.
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