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Bertha von Suttners Jahre in Georgien
Bertha von Suttner (geb. 9.6.1843 in Prag,
gest. 21.6.1914 in Wien), geborene Kom-
tess Kinsky von Wchinitz und Tettau, litt
zeitlebens unter dem Ausschluss vom Le-
ben des böhmischen und österreichi-
schen Hochadels, der die Ehe ihres Vaters
mit Sophie von Körner, einer entfernten Ver-
wandten des Freiheitsdichters Theodor von
Körner, als nicht standesgemäß ablehnte.
Nach dem frühen Tod des weit älteren Ehe-
mannes reiste die Witwe Sophie Gräfin von
Kinsky viel, um dadurch dieser Erniedri-
gung zu entfliehen, verspielte allerdings ein
Vermögen, etwa in den Casinos von Wies-
baden oder Bad Homburg. 1864 lernte sie
in Bad Homburg die damals 48-jährige
Fürstin Jekaterina Dadiani kennen, die
von Berthas gefälligen Manieren, ihrer
Mehrsprachigkeit und Musikalität so ange-
tan war, dass sie sie nach Mingrelien ein-
lud. Bertha sprach fließend Französisch, die
damals europaweit übliche Sprache des
Adels.
Als die Spielsucht von Berthas Mutter
überhand nahm, entschloss sich die junge
Bertha, als Gouvernante bei der Industriel-
lenfamilie des Freiherrn Karl von Suttner zu
arbeiten. Dort lernte sie Arthur von Sutt-
ner, den sieben Jahre jüngeren Sohn der
Familie, kennen und lieben, was Arthurs
Mutter zur Kündigung veranlasste. Bertha
antwortete daraufhin auf ein Stellengesuch
eines „älteren, vermögenden Herren“ in
Paris, der sich als Alfred Nobel herausstellte
und eine mehrsprachige Privatsekretärin
suchte.
Nach einigen Tagen als Angestellte No-
bels kehrte Bertha nach Wien zurück, denn
Arthur hatte ihr telegrafisch seine große
Liebe gestanden. Die beiden heirateten am
12.4.1876 heimlich und bereiteten ihre Flucht
nach Mingrelien vor, über das rumänische
Galati und Odessa, von wo aus sie schließlich
per Schiff in Batumi eintrafen. Der erste Som-
mer bei der Fürstin Dadiani auf ihrem min-
grelischen Sommersitz in Gordi verlief mär-
chenhaft und ohne finanzielle Sorgen, denn
sie wurden wie Staatsgäste behandelt.
Nach der Rückkehr der Fürstin nach Sugdi-
di und der Abreise des ältesten Prinzen Niko-
laus nach St. Petersburg begann der Ernst des
Lebens. Wovon den Lebensunterhalt bestrei-
ten? Zunächst versuchte das Paar durch
Sprach- und Gesangsstunden bei reichen
Adelsfamilien in Kutaisi über die Runden zu
kommen, denn von ihren Familien konnten
sie nichts erwarten.
1877, ein Jahr nach ihrer Ankunft in West-
georgien, brach der Russisch-Türkische Krieg
aus, der auch Georgien nicht verschonte. In-
zwischen begann jedoch die europäische
Öffentlichkeit, die Leiden der Verwundeten
und Kranken des Krieges wahrzunehmen,
was es so noch nie vorher gegeben hatte. Si-
cher trug dazu auch die englische Kranken-
schwester Florence Nightingale bei, die in
den 1850er Jahren auf der Krim gewirkt hat-
te. Auch beide von Suttners wollten Verwun-
dete pflegen, verwarfen diesen Wunsch je-
doch wieder, da man sie an verschiedenen
Orten einsetzen wollte.
1878 ging der Krieg zu Ende und Arthur
von Suttner begann, für verschiedene öster-
reichische Zeitungen unter dem Pseudo-
nym M.A. Lerei „Aus Transkaukasien“ zu be-
richten. Die „Neue Freie Presse“ druckte die-
se Berichte 1877 ab. Das spornte Bertha an,
es ihrem Mann gleichzutun. So schrieb sie -
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