Travel Reference
In-Depth Information
Deutsche Siedler in Georgien
Zwischen 1817 und 1819 wanderten
schwäbische Pietisten nach Georgien,
aber auch nach Armenien und Aserbaid-
schan aus. Zar Alexander I. erteilte ihnen
im Mai 1817 die Genehmigung zur Sied-
lung, woraufhin ungefähr 500 Großfami-
lien in der Umgebung von Tbilisi acht Ko-
lonien gründeten, die von den Einheimi-
schen bald als Schwabendörfer bezeich-
net wurden.
In der größten Ansiedlung Katharinen-
feld (heute Bolnisi, s. Kap. „Unter-Kart-
lien“), die nach der aus Württemberg
stammenden Schwester Katharina des Za-
ren Alexander I. benannt wurde, siedelten
sich 95 Familien an. Die Siedler gründeten
nicht nur eine deutsche Zeitung, sondern
auch fünf Fußballmannschaften. Sie errich-
teten eine Grundschule und erbauten eine
evangelisch-lutherische Kirche. Es gab
sogar eine Theatergruppe und einen Jagd-
verein.
In Tbilisi, im Stadtteil Neutiflis, siedelten
Handwerker, Kaufleute und Hoteliers. Sie
gründeten ein deutsches Gymnasium und
bauten ebenfalls eine evangelisch-luthe-
rische Kirche. In Abchasien entstanden
Siedlungen wie Neudorf, Lindau und Gna-
denberg bei Sochumi. 1918 gab es mehr
als 20 Dörfer, die von Kaukasiendeut-
schen gegründet wurden. Der Schriftstel-
ler und Journalist Arthur Leist war Chefre-
dakteur der von Kurt von Kutschenbach
von 1906 bis 1922 in Tbilisi verlegten
deutschen Wochenzeitung „Kaukasische
Post“.
Doch das Glück währte nicht lange.
Nach der Okkupation Georgiens durch
die Rote Armee im Jahr 1921 wurde Ka-
tharinenfeld in Luxemburg (nach Rosa Lu-
xemburg ), 1941 in Bolnisi umbenannt.
Auch andere Dörfer erhielten neue Na-
men, zum Beispiel wurde aus Marienfeld
Sartischala und Elisabethental hieß fortan
Asureti. Alexandersdorf wurde von Tbilisi
eingemeindet.
Ab den 1930er Jahren wurden deutsche
Siedler im Kaukasus besonders intensiv
politisch verfolgt. In Luxemburg wurden
352 Einwohner verhaftet, verschleppt
oder ermordet.
1941 lebten ungefähr 24.000 Deutsche
in Georgien und 23.000 in Aserbaidschan.
Stalin siedelte alle, die nicht mit einem ge-
orgischen Ehepartner verheiratet waren,
nach Sibirien oder Kasachstan um. Deut-
sche Kriegsgefangene mussten 1946/47
die evangelisch-lutherische Kirche in Tbili-
si abreißen.
Die Brüder Walter (gest. 1868) und
Otto (gest. 1871) von Siemens, die zwi-
schen 1858 und 1863 die Telegrafenlinien
Moskau - Tbilisi - Poti - Wladikawkas so-
wie 1868 von Tbilisi nach Baku errichten
ließen, wurden in Tbilisi begraben. Erwäh-
nung verdient weiterhin der Danziger
Gustav Radde (1831-1903), der nicht nur
als Erster Swanetien erforschte, sondern
das einst modernste völkerkundliche
Museum Russlands, das Kaukasische Mu-
seum in Tbilisi, gründete.
Search WWH ::




Custom Search