Travel Reference
In-Depth Information
Quellen gehörten neben Beda (7. Jh.)
vor allem die von Nennius um 830 be-
arbeitete »Historia Brittonum«, die die
älteste bis heute überlieferte Erwäh-
nung eines Feldherrn namens Artus
enthält. Schon Geoffreys Zeitgenossen
zogen die Glaubwürdigkeit seiner His-
toria in Zweifel. Die Schilderungen der
frühen Herrscher Britanniens haben in
der Tat oft geradezu Fantasy-Charakter.
nem letzten Kampf - ob in Snowdonia
oder in Cornwall, darüber scheiden sich
die Geister -, wird der tödlich verwun-
dete König Artus auf die Insel Avalon
verschifft. Von dort wird er eines Tages
geheilt zurückkehren, so die Prophe-
zeiung. Nach anderen Überlieferungen
schläft er in einer Höhle im Snowdon-
Gebiet. Jahrhundertelang haben engli-
sche Könige nachzuweisen versucht,
dass Artus wirklich tot ist. So ließ
Heinrich II. die Mönche von Glaston-
bury Abbey 1190 die Gebeine von Ar-
tus und Guinevere ›finden‹. Und der
Hofdichter Elisabeths I., Thomas Ma-
lory, schrieb in seinem Epos »Morte
d'Arthur« die Geschichte um Artus so
um, dass dieser am Ende unwiderruf-
lich stirbt. Die Angst, eines Tages durch
einen keltischen König wieder ent-
thront zu werden, saß tief bei den eng-
lischen Königen seit Eduard I. - und sie
war nicht ganz unbegründet, wenn
man an die Ansprüche denkt, die noch
im 15. Jh. Owain Glyndŵr erhob, der in
Wales zum Mythos wurde.
Stoff für Weltliteratur
Auf jeden Fall wäre die Weltliteratur
sehr viel ärmer, hätte sich Geoffrey
nicht so ausführlich über jenen König
ausgelassen, der um 500 die heidni-
schen Sachsen in die Flucht geschlagen
haben soll. Geoffreys Verdienst war es,
die Story mit Details aus dem keltischen
Sagenschatz angereichert zu haben,
besonders mit der Geschichte von Mer-
lin. Der Dichter Robert Wace aus Jersey
übertrug die »Historia« ins normanni-
sche Französisch und erschloss sie so für
die höfische Literatur in Frankreich, die
damals führend in Europa war. Dichter
wie Chretien de Troyes spannen den Ar-
tusstoff als ›Matière de Bretagne‹ wei-
ter und stilisierten den britischen König
und seine Ritter zum Ideal. Die Sagen
um Artus und seine Tafelrunde, die
Suche nach dem Gral, den tapferen Sir
Galahad und Artus' untreue Gattin Gui-
nevere sind bis heute ein faszinierender
Stoff geblieben - umwabert von den
Nebeln von Avalon.
Merlins Prophezeiung
Im Mittelalter fand die Figur des
Merlin als Zauberer und Berater
des Königs Eingang in die Artus-
sage. In der alten walisischen Tra-
dition ist Merlin (Myrddin) dage-
gen ein Barde des späten 6. Jh.,
der dem Keltenfürsten Vortigern
das Wiedererstarken des Kelten-
tums prophezeite - mit einem
Gleichnis: Es tobe ein unsichtbarer
Kampf zwischen einem roten und
einem weißen Drachen. Zuerst
unterliege der rote Drache (Wali-
ser), um später doch den Sieg über
den weißen Drachen (Sachsen)
davonzutragen und das Land von
diesem zurückzuerobern.
Politische Brisanz
Die Unsterblichkeit des legendären Kö-
nigs und Feldherrn, die bei Geoffrey
und auch Wace behauptet wird, ist
mehr als eine romantische Vorstellung,
sie barg politischen Zündstoff: Nach sei-
Search WWH ::




Custom Search