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Gut kardiert ist halb gewonnen
Die so aufgelockerte Wolle konnte
nun in bis zu drei Färbgängen gefärbt
und grob gekämmt - kardiert - wer-
den. In Dre-fach Felindre standen vier
Kardiermaschinen von je 20 m Länge.
Sorgfältiges Kardieren war unerläss-
lich zur Vorbereitung der von Maschi-
nen zu Garn gesponnenen Wolle.
Denn wenn der Faden riss, störte das
den Betrieb, kostete Zeit und Geld.
Eine der originalen Spinnmaschinen ist
noch im Museum zu sehen. Mit ihrer
Erfindung im späten 18. Jh. begann die
Industrielle Revolution. Die Maschinen
wurden weiter differenziert, bis jeder
Arbeitsgang mechanisiert und - in den
1960er-Jahren - elektrifziert war.
Das Wasser des Teifi und seiner Zu-
flüsse trieb einst große Mühlräder an
- daher der Name ›mills‹ für die woll-
verarbeitenden Fabriken in Wales. Le-
derriemen übertrugen die - erneuer-
bare Energie - Wasserkraft, ab Mitte
des 19. Jh. wurden sie durch elektri-
sche Turbinen ersetzt. Den Brennstoff
brachte die Eisenbahn. Die Teifi Valley
Railway (s. S. 198) verkehrte bis Swan-
sea, brachte von dort Kohle und fuhr
mit Flanell zurück. So viel Power
führte zu einem Boom im ländlichen
Wales: Zwischen 1860 und Anfang des
20. Jh. nahmen 21 Betriebe im Umkreis
von 10 km um Dre-fach Felindre den
Betrieb auf. Doch ging die Industriali-
sierung auf dem Land nie so weit wie
in den englischen Midlands. Die Be-
triebe im Teifi-Tal hatten im Schnitt je
etwa 70 Arbeiter.
Auf einem erhöhten Parcours wan-
dern Besucher des heutigen Wollmu-
seums durch die Produktionsräume
und erfahren spannende Details über
die zahlreichen Arbeitsgänge, die das
frisch geschorene Schafsvlies in einen
als Meterware verkäuflichen Wollstoff
verwandeln.
Bloß nicht verzetteln!
Das gilt auch für das Weben. Das Auf-
spannen der Kette auf den Webstuhl,
das ›Zetteln‹ (warping), gehört zu den
schwierigsten Arbeitsgängen - wie
leicht kann man sich dabei verzetteln!
Wenn schließlich alles stimmt, kommt
der Webstuhl zum Einsatz. Den Hand-
webstuhl ersetzten bald immer größere
und für unterschiedliche Gewebearten
differenzierte mechanische Webstühle,
wobei die Muster mit Lochstreifencodes
- einer Vorform des Computers - an die
Maschine weitergegeben wurden.
Ab in den Reißwolf
Ergebnis der gründlichen Schur ist ein
zusammenhängendes ›Wollkleid‹ der
Schafe, das Vlies. Nach dem Sortieren
der Vliese nach Qualität und Zerteilen
entsprechend ihrer Verwendung ist die
sorgfältige Wollbearbeitung noch vor
dem Spinnen besonders wichtig, sonst
reißt am Ende der Faden. Das Reißen
der Wolle (willowing) gehört dazu. Die
Arbeit am Reißwolf (willower) - im
Museum steht bereits ein elektrischer
›Willy‹, eine rotierende Rolle mit schar-
fen Eisenzähnen, die das Vlies ausei-
nanderzerren - erfordert besondere
Umsicht; das Gerät heißt nicht umsonst
auch devilling machine.
Herzerwärmende Textilienschau
Was bei dem ganzen Aufwand im Lauf
der letzten 200 Jahre herausgekom-
men ist, kann man sich anschließend in
der Flat Textile Gallery des Museums
ansehen. Die Vielfalt der Muster und
Farben ist überwältigend. Wer dabei
Lust bekommt auf ein wärmendes Klei-
dungsstück oder eine der bei jedem
zünftigen Picknick unverzichtbaren
plaids, einer Wolldecke aus walisischer
Produktion, kann sich natürlich im
Shop eindecken.
 
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