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Auch das Baden als solches war eine strapaziö-
se Angelegenheit, denn es ging folgendermaßen
vor sich: „Der Herr, der sich entkleidet hat, steigt
die Stufen [der Badekarre] hinunter ins Wasser, er
fällt aufs Knie, wie der Soldat bei Füsilieren, lässt
drei oder vier Brandungswellen über sich ergehen,
und das Bad ist beendet.“ Und für die Nixen war
dieses Ritual angesagt: „Die Dame steigt in die
Fluten und taucht drei oder vier Mal in das Wasser
in der Form des Hofknickses, und das Bad ist be-
endet.“ Ehefrauen, streng abgesondert, trugen da-
bei „schwarze, lange Beinlinge, einen Kittel aus
Leinen und einen Kopfschutz aus Guttapercha“ -
fast schon eine Raumfahrerausrüstung.
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Zumindest die Überfahrt wurde etwas komfor-
tabler, als 1871 das erste Dampffährschiff seinen
Betrieb aufnahm, wenngleich die Anlandung auf
der Insel immer noch sehr mühsam war. Aber al-
lein die erneute Anbindung Ostfrieslands an Preu-
ßen (statt Hannover) im Jahre 1866 trug zu weite-
rem Aufschwung bei. 1883 kamen immerhin 700
Kurgäste - die dann durch forsche Kurtaxforde-
rungen prompt vergrätzt wurden ...
Ungeachtet dieser Widrigkeiten begannen sich
immer mehr Badegäste für Juist zu interessieren.
Im Sommer 1887 wurde bereits die magische
Zahl 1000 erreicht, und zur Jahrhundertwende
eröffnete man „trotz moralischer Bedenken“ ein
Familienbad, dessen possenhafte, heute höchst
amüsant wirkende „Badeverordnung von 1882“
(siehe Exkurs „Juister Badeverordnungen“) immer
noch Gültigkeit besaß.
Wegen des Andrangs sah man sich im Jahr 1888
bemüßigt, ein weiteres Fährschiff auf der Route
Norddeich - Juist einzusetzen und ließ den Rad-
dampfer „Johanna“ dafür fleißig Wasser schau-
feln.
Das Ausbooten war jedoch weiterhin mühselig.
1894 wurde deshalb eine Anlegebrücke gebaut,
die 300 Meter weit zur Fahrrinne reichte, und vier
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