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non. In Avignon erhob sich rasch die
Forderung nach einer Angliederung
an Frankreich, was hier, wie auch im
Comtat, zu Auseinandersetzungen mit
der papsttreuen Konterrevolution führ-
te. Überhaupt blieb das Gemunkel
über eine konterrevolutionäre Ver-
schwörung und deren bald bewiesene
tatsächliche Existenz ein Antrieb für
Gewalttätigkeiten auf den Straßen.
Was die ländliche Provence betrifft,
so entstand vor allem ab 1792, dem
dritten Jahr der Revolution, jene Viel-
falt politischer Zusammenschlüsse,
wie sie typisch werden sollte für das
öffentliche Leben der Dörfer und
Städte, mehr noch als in jeder anderen
Region Frankreichs. Naturgemäß gin-
gen die großen, küstennahen Orte
darin den entlegenen Weilern des
Hochlandes weit voran. Im Frühjahr
1792 entlud sich die geballte Wut über
Privilegien der Aristokratie und das zö-
gerliche Vorgehen der Autoritäten in
einer Serie von Zerstörungen und
Plünderungen. Vor allem Schlösser auf
dem Land fielen diesen spontanen Er-
hebungen zum Opfer.
Damals wanderte auch ein Bataillon
Freiwilliger nach Paris, um sich dort an
der Einnahme der Tuilerien zu beteili-
gen. Dieses Bataillon trug sein Kampf-
lied in die Hauptstadt, eben jene Mar-
seillaise, die heute französische Na-
tionalhymne ist.
Die augenfälligste unmittelbare Fol-
ge der Revolution in der Provence war
die neue Verwaltungsgliederung, die
wir im Wesentlichen heute noch vor-
finden. Das Département Bouches-du-
Rhône gründete sich, zunächst mit
dem Hauptort Aix, später Marseille.
Der Vaucluse kam 1793 hinzu. Damit
dieses Département entstehen konn-
te, mussten 1791 die päpstlichen Ge-
biete annektiert werden: Avignon und
das Comtat. Auch Orange kam später
zum Vaucluse.
Nach einer Welle gegenrevolu-
tionären Terrors, wiederum vor allem
in Marseille, beruhigte sich das Land
im fünften Jahr der Revolution allmäh-
lich. Weitere Unruhen verhinderte
auch das rigide Durchgreifen der ent-
sandten Präfekten. Überhaupt waren
in der Provence während der gesam-
ten Revolution die bewahrenden, teil-
weise royalistisch gesinnten Kräfte
stark geblieben. Das änderte sich auch
nicht in den kommenden Jahrzehnten.
Erst die Revolution von 1848 dräng-
te die Königstreuen zurück in einige
wenige Viertel der Städte und die Ge-
gend von Arles, die man deshalb auch
die provenzalische Vendée genannt
hat - nach jenem Département, das
wie kein zweites den französischen
Royalismus verkörpert. Im Ganzen
markierte die Revolution von 1848
den Übergang zum „roten Midi“.
In der zweiten Hälfte dieses 19. Jh.
hielt allmählich auch die Industrielle
Revolution in der Provence Einzug.
1849 schon verband eine Eisenbahn-
linie Marseille und Avignon, weitere
folgten in den kommenden Jahrzehn-
ten. Mehr noch als die entstehenden
Betriebe sollte dieser Ausbau der Ver-
kehrswege, auch der Kanäle, die pro-
venzalische Wirtschaft verändern,
langsam, aber tiefgreifend. Die land-
wirtschaftlichen Erzeugnisse konnten
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