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Francesco Petrarca
im Vaucluse: Lyrik für Laura
Eigentlich hieß er Francesco Petracco, als
Dichter nannte er sich selbst Petrarca -
und für die Franzosen heißt er François
Pétrarque. Tatsächlich können diese den
italienischen Dichter mit einigem Recht für
sich beanspruchen, denn der junge
Francesco, zwar 1304 in Arezzo geboren,
wuchs im Umfeld des päpstlichen Hofes
in Avignon auf. Sein Vater, ein florentini-
scher Notar, hatte nämlich Italien verlassen
müssen und die Papststadt als Exil gewählt.
Gemäß dessen Wünschen studierte Fran-
cesco zunächst Jura in Montpellier und Bo-
logna, als der Vater aber starb, begann er,
seinen eigenen Weg zu gehen. Ab 1326
trat er als Geistlicher in die Dienste des
Kardinals Giovanni Colonna ein, der viel
Sinn für die literarische Begabung seines
Schützlings hatte und zu seinem Gönner
wurde.
Ein Jahr später kam es zu einer folgenrei-
chen Begegnung für den Dichter und die
abendländische Literatur: In einer Kirche in
Avignon sah der Jüngling Laura de Noves
zum ersten Mal - und sein Herz geriet in
Wallung. Die blühende Schönheit war die
Gattin Hugues de Sades; doch sonst ist
über ihr Leben kaum etwas bekannt, außer
dass sie schon 1348 an der Pest starb. Um-
so mehr wissen wir aber über ihre Anzie-
hungskraft, denn Petrarca verehrte sie glü-
hend in zahllosen Gedichten, Sonetten und
Kanzonen.
Statt sie jedoch in der Art der provenzali-
schen Troubadoure zu stilisieren oder gar
formelhaft zu verherrlichen, beschrieb er
sein ganz persönliches Begehren nach die-
ser Frau. Dass er dafür als Wegbereiter der
Renaissance gelten würde, hätte er ver-
mutlich nicht geglaubt, hielt er seine Lei-
denschaft doch eher für Spielerei und
schätzte sein lateinisches Epos „Africa“ we-
sentlich höher ein. Das gerade ist heute
vergessen - ganz im Gegensatz zu seinem
Laura gewidmeten Gedichtzyklus „Canzo-
niere“.
Das Leben in Avignon wurde Petrarca
über; außerdem wollte er die unerreichba-
re Laura vergessen. Und so zog er sich in
die Stille des Vallis Clausa zurück, zu-
nächst von 1337 bis 1341 und dann bis
1353 noch weitere fünf Jahre. Zwar war
diese Abgeschiedenheit notwendig für sein
Schaffen, weltabgewandt und unpolitisch
war Petrarca jedoch nie. So kämpfte er zum
Beispiel für die Einheit Italiens und versuch-
te in mitreißenden Briefen, die Päpste zur
Rückkehr nach Rom zu bewegen.
Schon zu seinen Lebzeiten galt er als
Wiederentdecker der lateinischen Spra-
che und der römischen Antike. Darauf fuß-
ten seine Werte und seine Moral - aller-
dings immer in Verbindung mit dem Katho-
lizismus. Dieses seltsame Spannungsver-
hältnis ist es auch, das den Beginn des
Humanismus kennzeichnet. Mit Verwunde-
rung schrieb der Greis in seinem „Brief an
die Nachwelt“: „Die Mächtigen meiner
Zeit verehrten mich - den Grund kenne ich
nicht.“ Er konnte schließlich nicht wissen,
dass er später als Vater jener Bewegungen
gelten sollte, die die Neuzeit einleiteten.
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