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Die Ostseite des
Etang de Berre XX/B1
sie arbeiteten für eine große und tradi-
tionsreiche Pulverfabrik. Seit ihrer
Schließung lebt es sich hier noch ruhi-
ger - ganz anders als in unserem
nächsten Zielort.
St-Chamas
XX/B1
Über die D 15 geht es nach St-Cha-
mas, der Brücken wegen. Die kleinste
und wichtigste, der Pont Flavien, ist
2000 Jahre alt, also römisch, und über-
springt in einem einzigen Bogen den
Touloubre. Das ist zwar ein ziemlich
unbedeutender Bach, aber dafür
macht die Brücke mit zwei Ehrenbö-
gen umso mehr Aufhebens.
Die zweite Brücke ist ein Aquädukt
und überspannt das Wahrzeichen des
Ortes, einen zweigeteilten Felsen, des-
sen Gestein so weich ist, dass vorge-
schichtliche Menschen Grotten hi-
neingruben und er im 19. Jh. schließ-
lich einstürzte. Daraufhin baute man,
als Ersatz für einen unterirdischen Ka-
nal, den Aquädukt zwischen den nun-
mehr zwei Teilen des Felsens, denen
im Übrigen auch zwei Ortsteile ent-
sprechen: das Viertel der Fischer am
Hafen, der schon in der Antike be-
stand, und das gutbürgerliche Wohn-
viertel dahinter.
Die dritte Brücke, für die Eisenbahn
bestimmt, ist mit einander kreuzenden
Bögen aus Ziegelstein ein kleines
Meisterwerk des 19. Jh.: Ausgeglichen
in den Proportionen und scheinbar
voller Leichtigkeit, ist sie den schneller
gewordenen Zügen aber kaum mehr
gewachsen.
Die Einwohner von St-Chamas gin-
gen jahrhundertelang einem einiger-
maßen explosiven Broterwerb nach -
Vitrolles
XXI/D2
Vitrolles scheint nun wirklich zum ers-
ten Mal alle Vorurteile über den Etang
de Berre zu bestätigen. Da sind sie,
die Einkaufsparadiese und Schnell-
imbisse, die Fabriken und Wohnsilos,
durchschnitten von vielspurigen As-
phaltpisten.
Auf Vitrolles sah im Frühjahr 1995
ganz Frankreich, als sich hier beim
zweiten Durchgang der Kommunal-
wahlen ein Bürgermeister der rechtsra-
dikalen Front National durchsetzte.
Gewaltiger Protest erhob sich, das
berühmte Handballteam drohte mit
Abwanderung, Politiker und Journalis-
ten eilten herbei, die Ursachen zu er-
forschen.
Seit den 1960er Jahren hat sich die
Einwohnerzahl von einst 3000 mehr
als verzehnfacht. Der lang gezogene
Ort zerfällt in öde Hochhausviertel,
ohne ein Zentrum zu haben. Vitrolles
fehlt jeglicher gewachsener Charakter.
Befremdet registrierte ein Beobachter
des Pariser „Monde“ unzählige ameri-
kanische Schnellimbisse und Hotelket-
ten, doch kein einziges charmantes
provenzalisches Restaurant oder Café
unter Platanen. Vitrolles, das sei wie
Autokino, eine Autostadt, eine einzige
Kommunikationsstörung.
Doch erst in der Rezession der
1990er Jahre rächte sich die seelenlo-
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