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Pagnol, der die Menschen liebte. Pa-
gnol, der Charmeur, der fünf Kinder
hatte - mit vier Frauen. Die Leichtig-
keit, das Sonnige und Einfache seines
Charakters und seiner Heimat spiegel-
ten sich in seinen Werken. Wer einen
seiner Filme gesehen hatte, der war
glücklich.
Dreharbeiten gestalteten sich als
Landpartie unter Freunden. „Wir bra-
chen zu den Hügeln auf“, erinnert sich
Pagnol an „Régain“, „in drei Autos und
dem Trosswagen, der einen großen
Kochherd, Stühle, Essgeschirr, eine
ganze Sippe von Kochtöpfen, einen
Bratspieß und den dicken Léon trans-
portierte; Letzterer kam mit, um seine
Küche einzurichten“.
Als erster Filmemacher wurde Mar-
cel Pagnol 1946 in die Académie
Française aufgenommen. Roberto
Rossellini, der Schöpfer des italieni-
schen Neorealismus, nannte Pagnol
sein Vorbild, ebenso Claude Chabrol
und François Truffaut , die Regisseure
der Nouvelle Vague.
Und doch begegnen die französi-
schen Intellektuellen dem Namen Pag-
nol bis heute mit einer gewissen He-
rablassung. Vor allem dem Dramatiker
Pagnol. Er, der humanistisch Gebilde-
te, der junge Autor klassischer Vers-
dramen, Übersetzer Vergils und Shakes-
peares, hatte sich schon früh entschie-
den, kein „Bücherschranktheater“ zu
schreiben, für ihn „der Höhepunkt al-
les Trostlosen“. „Was Pagnol zu einem
bedeutenden Dramatiker macht“, so
bemerkte ein Freund, „ist, dass er eher
das Publikum repräsentiert als die
Zunft der Autoren.“ „Marius“, „Fanny“
und „César“, der „Marseillaiser Trilo-
gie“, haftet ein folkloristisch-senti-
mentaler Beigeschmack an, der mys-
tifizierte Midi zum Pariser Plaisir.
Selbst die satirischen, gesellschafts-
kritischen Stücke wie „Jazz“ oder
„Kriegsgewinnler“ schöpften eher aus
Pagnols Sinn für die Komik des Alltags
denn aus politischer Motivation.
Als er, gut 60 Jahre alt, eine Rück-
kehr zum Theater versuchte, erlebte er
mehrere Enttäuschungen. Pagnol, der
einmal eine Abhandlung über das La-
chen verfasst hatte, suchte den Grund
seiner Misserfolge in der zu düsteren
Atmosphäre seiner neuen Stücke. Er
ließ Zählungen anstellen und war ver-
blüfft: In den Vorkriegsstücken lachten
die Zuschauer seltener, und doch ge-
fiel es ihnen besser.
Pagnol, der Dramatiker, wandte sich
ab vom Kino und vom Theater. Und
schrieb, als alter Mann schon, seine
Kindheitserinnerungen auf. „Die Eh-
re meines Vaters“ und „Das Schloss
meiner Mutter“ wurden Welterfolge,
die sich, neben La Fontaine, Daudet
und Victor Hugo, bis heute in allen
französischen Schulbüchern abge-
druckt finden. Sie sind es, die bleiben
werden von Pagnol. Der liebevoll iro-
nisch geschilderte Vater, ein Schul-
meister, der voll heiligem Ernst seine
antiklerikale Mission ausübte, die Feri-
en in der Garrigue der Provence, die
Bartavellen-Jagd in den Bergen von La
Treille. Die Verklärung einer Kindheit
in Aubagne, wo alles begann und wo-
hin ihn die Erinnerung zurückführte,
sous le Garlaban couronné de chèvres,
au temps des dernier chevriers , „unter
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